Nachsichtigkeit fällt oft schwer
Grigitte Neidhardt ist Anwältin und seit 17 Jahren zudem Mentorin in Oldenburg. Im Interview gibt die 64Jährige einen Einblick in ihre Arbeit.
FANGEE In welchen Fällen sollte ich einen Anwalt beauftragen, und wann kann ein Mentor mir eher bei der Konfliktlösung helfen? NEIDHARDT: Menschen, die wirklich jemanden an ihrer Seite brauchen, jemanden, der sich komplett um sie kümmert, die sind besser bei einem Anwalt aufgehoben. In der Mediation geht man davon aus, dass jeder für sich sprechen kann. Dabei werden aber beide Parteien unterstützt, nicht nur eine Person. Der Mediator ergreift also – anders als ein Anwalt – keine Partei und bewertet auch nicht. Als Mentorin stehe ich außerhalb des Konfliktes und damit außerhalb der Emotionen. Meine Aufgabe ist es, zu beobachten und Probleme verständlich zu machen, um so zu vermitteln. FRAGE: Wie sind ihre Erfahrungen, fahren Männer leichter aus der Haut? NEIDHARDT: Eher im Gegenteil, Männer sind oft erstmal sachlicher. Mein Eindruck ist, dass Frauen ihre Emotionen meist besser in Worte verpacken. FRAGE: Mit welchen Konflikten beschäftigen Sie sich hauptsächlich? NEIDHARDT: Das sind meistens Fälle, die mit Familien zu tun haben. Den Großteil machen Trennungen und Scheidungen aus, das ist unser Hauptfeld – gefolgt von Erbstreitigkeiten. Das sind Themen, bei denen oft schnell die Emotionen hochkochen. Regelmäßig kommen Sachen auf den Tisch, die für das aktuelle Problem keine so große Rolle spielen, sondern in der Vergangenheit liegen. Dadurch wird die ganze Aufgabe immer etwas kniffeliger. Gerade bei Erbstreitigkeiten passiert das häufiger, weil Emotionen eine große Rolle spielen. Da fällt es vielen schwer, nachsichtig zu sein. FRAGE: Welche Probleme werden noch an sie herangetragen? NEIDHARDT: Das sind oft Konflikte aus der Arbeitswelt, wenn zum Beispiel Kollegen gemobbt werden.