Ditterpartie eines Vorsitzenden
Bie Martin Schulz die SPD in Berlin doch noch für Groko-Sondierungen gewann
Bei der Wahl des Vorsitzenden bekam Schulz eine Quittung für die Wahlniederlage. Über die Regierungsbeteiligung wird verhandelt.
FERLI* – Um 19.42 Uhr löst sich die Anspannung endgültig: 81,94 Prozent für Martin Schulz. Jubel für den SPDVorsitzenden, der die Finger zum Victory-Zeichen nach oben streckt. Küsschen, Blumen und Umarmungen – „vielen, vielen Dank“ruft der SPD-Chef in den Saal, freut sich „nach allem was hinter uns liegt“für diesen Vertrauensbeweis.
Keine 100 Prozent, wie damals am 18. März, als ihn die Partei zum Kanzlerkandidaten kürte. „Ich wünsch mir, dass auf der Grundlage dieses Ergebnisses bessere Zeiten kommen“, sagt der SPD-Chef und verspricht, er wolle „alles tun, um Euer Vertrauen zurückzugewinnen.“
Grünes Licht für Gespräche mit der Union über eine Regierungsbildung. Der SPDParteitag schließt auch eine Große Koalition nicht aus. Das Votum am Abend nach
fast sechs Stunden kontroverser Debatte fällt am Ende deutlicher aus als erwartet. Der Versuch der Jusos, die Neuauflage der Groko kategorisch auszuschließen, scheitert.
Beifall von den Delegierten, aber keine Begeisterung. Man fühle sich verpflichtet, „auszuloten, ob und in welcher Form die SPD eine neue Bundesregierung mittragen
kann“, heißt es in dem vierseitigen Antrag der Parteiführung. „Diese Gespräche führen wir konstruktiv und ergebnisoffen“, so der Beschluss. Bereits in der kommenden
Woche wollen sich die Partei- und Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD treffen, um die Chancen für ein schwarz/rotes Bündnis auszuloten. Über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen im Januar soll ein Sonderparteitag entscheiden.
Kurz vor der Abstimmung ergreift SPD-Chef Martin Schulz noch einmal das Wort, appelliert eindringlich, ihm zu folgen und den Weg in Richtung Regierungsbeteiligung nicht zu versperren, schließlich könnte es eng werden für ihn.
Martin Schulz kämpft an diesem Tag. 76 Minuten redet der SPD-Chef vor den 600 Delegierten im Berliner „City Cube“. „Wir müssen nicht um jeden Preis regieren. Aber wir dürfen auch nicht um jeden Preis nicht regieren wollen“, nimmt er den Parteitag in die Pflicht. „Wir tragen alle große Verantwortung“, appelliert der SPD-Chef in seiner Rede an die Groko-Gegner.
Der Chef der Jungsozialisten, Kevin Kühnert, ist einer der ersten, der nach Schulz auf die Bühne tritt. Er wird mit seiner Acht-Minuten-Rede zum heimlichen Star und Rebell: Noch eine Groko wäre „politischer Selbstmord“, macht er Front gegen den Antrag der SPD-Spitze.