Nordwest-Zeitung

Alte Steine und junge kreative Köpfe

Lebendiges Nach(leben in Ramallah – Beschaulic­hkei( rund um Jericho

- VON DAGMAR GEHM

Reisende verbinden die Paläs(inensergeb­ie(e meis( mi( an(iken &(ä((en und dem Nahos(konflik(. Doch im Wes(jordanland sind auch spannende Begegnunge­n mi( jungen Menschen möglich.

HEBRON/RAMALLAH – „Besuchen Sie nicht nur die alten Steine, sondern auch die Menschen“, lautete die Empfehlung von Khouloud Daibes, ehemals Tourismusm­inisterin der Palästinen­sischen Autonomieb­ehörde und heute Botschafte­rin in Berlin. Es ist ein guter Ratschlag.

Vor der Reise sollte man wissen: Während für Gaza eine Reisewarnu­ng des Auswärtige­n Amtes eJistiert, hält das Ministeriu­m für Besucher des Westjordan­landes ausführlic­he Sicherheit­shinweise bereit. Darin wird die Lage in einigen Teilen des Gebiets als „angespannt“bezeichnet. Immer wieder komme es „zu Anschlägen, Angriffen und Auseinande­rsetzungen zwischen israelisch­en Sicherheit­skräften, jüdischen Siedlern und palästinen­sischer Bevölkerun­g mit Toten und Verletzten auf beiden Seiten“.

Mit diesem Wissen geht es nun also auf die Reise, nach Hebron, Nabi Musa, Ramallah und Bethlehem – und zu Begegnunge­n besonderer Art.

HEBRON

Cooles Ambiente, freies WLAN und Gäste mit Laptops: Das Café „Q Candy“könnte sich auch in Berlin befinden. Doch es steht in Hebron, einem Hotspot politische­r Konflikte. „Das Café ist ziemlich beliebt bei jungen Leuten“, sagt Ajat, die nach ihrem Tourismuss­tudium auf einen Job als Reiseführe­rin hofft. „Wir blenden die angespannt­e Situation so weit wie möglich aus und versuchen, ein normales Leben zu führen.“Beim Besuch des Basars wird die 29-Jährige dann allerdings doch emotional: „Hier hat meine Oma ein Geschäft für Bettwäsche betrieben“, sagt sie. Doch damit war es irgendwann vorbei: „Nach der zweiten Intifada, den Aufständen gegen Israel von 2000 bis 2005, sind alle Hauseingän­ge auf einer Seite verschweiß­t.“

RAMALLAH

Das politische Zentrum des

Westjordan­landes präsentier­t sich als Szenetreff: „Ramallah hat ein lebendiges Nachtleben“, sagt Haneen aus dem zwölf Kilometer entfernten Taybeh. Die 26-Jährige trägt Jeans und einen modischen Kurzhaarsc­hnitt. Zu den Klängen arabischer Popmusik wabern Schwaden süßlichen Dufts über Garten und Pool in der „Snow Bar“. Auch Haneen raucht die Schischa, die dort Nargile heißt. Cafés, Restaurant­s und Discos sind voll. Der „Freedom Train“mitten in der Stadt erinnert allerdings auch in Ramallah an die schweren Auseinande­rsetzungen zwischen Israel und den Palästinen­sern.

Besuchern die Höhepunkte ihrer Heimat zu zeigen, ist das Anliegen der Palästinen­serin Noor. Sie hat in Bethlehem Tourismus studiert. Wie Noor emanzipier­en sich immer mehr junge Frauen im Westjordan­land. Rund 20 setzen mit der Al-Dschalameh Women’s Cooperativ­e ein Zeichen und bauen auf vier Hektar Gemüse wie Kürbisse und Hopfen an – für den EJport und für sich selbst.

NABI MUSA

Als eine Oase der Stille erleben Besucher Nabi Musa, das Mausoleum des Propheten Moses, bei Jericho. „Es heißt, dass die Gebeine von Moses, der in Moab im heutigen Jordanien gestorben ist, durch ein Wunder hierher geweht

wurden“, erzählt Margo Tarasi, die mit Aschraf Bakri die ehemaligen Pilgerunte­rkünfte zu 58 Gästezimme­rn mit Lokalkolor­it umbaut. „Ich habe Nabi Musa bei Vollmond erlebt. Es war Magie!“Jetzt will sie die besondere Stimmung dieser Stätte mit Jeep-Safaris und Kamelritte­n durch die Wüste kombiniere­n.

Gemeinsam mit seiner italienisc­hen Frau Viviana betreibt der ehemalige IT-Student Aschraf das „AubergInn“in einem Landhaus mit üppigem Obstgarten. Dort tauchen Gäste tief ein in die Beschaulic­hkeit rund um Jericho – bei Radtouren, Fahrten im Eselskarre­n und Besuchen der Ruinen von Hischams Palast.

BETHLEHEM

Tourismus um jeden Preis? „Nein“, findet der Filmemache­r Ibrahim. Der 22-Jährige wohnt gleich um die Ecke des „The Walled Off Hotel“in Bethlehem. Das Haus an der israelisch­en Sperrmauer wurde vom englischen Street-ArtKünstle­r Banksy konzipiert und wirbt mit dem Spruch „Das Hotel mit der schlimmste­n Aussicht der Welt“. Rund 1000 US-Dollar kostet die Nacht in der Präsidente­nsuite. Im angeschlos­senen Wall Mart werden Spraydosen und Vorlagen von Banksy-Graffiti verkauft. Dann können sich Sprayer an der Mauer versuchen. An den trostlosen Hauswänden im Flüchtling­slager dürfte dagegen jeder zu Werke gehen – kostenlos.

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BILDER: DAGMAR GEHM Polarisier­t: „The Walled Off Hotel“von Street-Art-Künstler Banksy (großes Bild) an der Sperrmauer in Bethlehem – Kraftort Nabi Musa bei Jericho: das Mausoleum des Propheten Moses (kleines Bild)
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