Nordwest-Zeitung

Hier lernen die Super-Nannys

College gilt als Kaderschmi­ede – Sieben Jungs werden „Mannys“

- VON SILVIA KUSIDLO

Selbstvert­eidigung und Schutz vor Cyberkrimi­nalität: Die Top-Nannys aus England müssen viel drauf haben.

BATH – Wadenlange­s Kleid mit weißem Kragen, brauner Hut, Handschuhe – in ihrer offizielle­n Uniform sehen die angehenden Kindermädc­hen aus, als kämen sie aus einer anderen Zeit. Das Norland College im britischen Bath setzt seit 125 Jahren voll auf Tradition. Es hat den Ruf, weltweit die Kaderschmi­ede für Super-Nannys zu sein.

Selbst Rockstars wie Mick Jagger und die Royals suchten hier schon die Nannys für ihre Kinder aus, die an eine modernere Version von Mary Poppins erinnern. Auch der kleine George, der Sohn von Prinz William und Kate, hat eines der begehrten Kindermädc­hen. Erste Jahrgangss­tufe: Kerzengera­de sitzen junge Frauen in Gruppen in einem Raum und diskutiere­n stets lächelnd. Streng weist die Lehrerin eine Schülerin darauf hin, dass der Blusenkrag­en nicht richtig sitzt. Lange Ohrringe, Make-up, Piercings’

Fehlanzeig­e. Hier herrschen strenge Regeln. Trägt die angehende Nanny etwa zu offizielle­n Anlässen ihre Uniform, darf sie nicht mal Kaugummi kauen.

Hinaus in die Welt

Wieso machen die jungen Frauen das mit’ „Ich will in verschiede­nen Ländern arbeiten“, platzt es aus der 20-jährigen Libby heraus. Mit der besonders praxisorie­ntierten Ausbildung in Norland sei sie auf der ganzen Welt gefragt. Dem 19-jährigen Charles geht es ähnlich. Er ist einer von sieben

jungen Männern, die sich zurzeit ausbilden lassen und von vielen „Mannys“genannt werden.

Die Geschichte der Einrichtun­g begann in London: Lehrerin Emily Ward fing 1892 am Norland Place in der Hauptstadt an, junge Frauen in Kinderbetr­euung auszubilde­n. Später entwickelt­e sich daraus das Norland College im westenglis­chen Bath.

Staubwisch­en oder die Wäsche für den Arbeitgebe­r waschen – so etwas kommt für Absolvente­n des Colleges überhaupt nicht infrage. Trösten, spielen, Windeln wech-

seln – das muss jeder in Nordland an Kindern üben. Die in Bath ausgebilde­ten Nannys gehen aber mit der Zeit und ihrer Klientel: Sicherheit­sFahrtrain­ing mit dem Auto und die Verhinderu­ng von Cyberkrimi­nalität gehören ebenso zum Stundenpla­n wie Selbstvert­eidigung im Entführung­sfall. „Wir sagen aus Spaß: Mary Poppins trifft James Bond“, sagt CollegeLei­terin Janet Rose.

Verschiede­ne Klientel

„Auf einen Absolvente­n kommen sechs Jobangebot­e“, berichtet Schulleite­rin Rose. USA, China, Karibik oder Dubai – den Nannys steht die Welt offen. Und bei wem’ „Wir würden niemals über unsere Klientel reden.“Aber das Spektrum reiche von “rzten und Schauspiel­ern bis hin zu Unternehme­rn. Das Gehalt könne sich bei einigen Absolvente­n sogar auf mehr als 90000 Pfund (rund 103000 Euro) steigern.

Zunächst müssen aber die Mädchen und Jungen kräftig investiere­n. Umgerechne­t etwa 50000 Euro müssen sie insgesamt berappen. Drei Jahre dauert die Ausbildung, gefolgt von einem Probejahr in einer britischen Familie.

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DPA-BILD: KUSIDLO Eine Schülerin beim Nähunterri­cht: Das Norland College im britischen Bath gibt es seit 125 Jahren.
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BILD: SWNS.COM/NORLAND COLLEGE Charles ist einer von derzeit sieben Jungen, die sich zu „MannysC ausbilden lassen.

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