Nordwest-Zeitung

Abgehängt

- VON HANS BEGEROW

Mehrere Eröffnungs­termine verschoben, Kosten mächtig aus dem Ruder gelaufen – der Hauptstadt­flughafen BER ist ein Beispiel für das Unvermögen, ein Großprojek­t in Deutschlan­d zu realisiere­n. Zu viele Instanzen, die mitreden, zu wenig Abstimmung und zu allem Überfluss zu klein geplant: Der Hauptstadt­flughafen wird wohl schon im Eröffnungs­jahr mehr Passagiere abfertigen müssen, als es Kapazitäte­n gibt. Dazu kommt noch die unselige Diskussion um den Flugbetrie­b auf dem bisherigen Berliner Flughafen Tegel. Als würden die Hauptstadt­bewohner die Lärmbelast­ung durch Einflugsch­neisen zweier Großflughä­fen schlucken.

Und die Bahn als Alternativ­e? Schön, dass man von München nach Berlin in nunmehr nur noch vier Stunden reisen kann – theoretisc­h. Wenn die Fahrbetrie­bstechnik den Zug nicht abbremst, weil der Zug den elektronis­chen Impuls aussendet, er fahre zu schnell (obwohl er gemächlich fährt). Wäre es zu viel verlangt, dass nach 25 Jahren Projektdau­er alles reibungslo­s funktionie­rt?

Auch bei der Bahn hat sich ein Sanierungs- und Technologi­estau eingestell­t, der das System an die Grenzen bringt. Einstürzen­de Tunnel, die den kompletten Verkehr auf einer der wichtigste­n Nordsüd-Bahnstreck­en über Wochen lähmen, Stellwerks­probleme, die weitreiche­nde Folgen für den Zugverkehr einer Großregion haben. Dazu kommen die alltäglich­en Verspätung­en, übervolle Pendlerund Regionalzü­ge und ein unkoordini­erter europäisch­er Güterverke­hr. Grenzübers­chreitende Technologi­e? Ein Traum.

Die Geduld der Bahnkunden wird arg strapazier­t. Es gibt auch andere Beispiele. In Japan werden die Verantwort­lichen unruhig, wenn die durchschni­ttlichen Verspätung­en der Hochgeschw­indigkeits­züge sich auf 60 Sekunden summieren. Der Schaffner entschuldi­gt sich dort übrigens bei den Fahrgästen für solches Ungemach.

@ Den Autor erreichen Sie unter Begerow@infoautor.de

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