Nordwest-Zeitung

„Eine lausige Nacht für die Republikan­er“

Was die Nachwahl-Niederlage in Alabama für die US-Politik bedeutet

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US-Medien sprechen von einem politische­n „Erdbeben“und einer dunklen Stunde für Amerikas Konservati­ve und das Weiße Haus: Der Demokrat Doug Jones hat bei der wichtigen SenatsNach­wahl im Bundesstaa­t Alabama den umstritten­en Republikan­er Roy Moore – für den sich Präsident Donald Trump eingesetzt hatte – am Dienstagab­end knapp besiegt.

Alabama ist ein traditione­ll „roter“und erzkonserv­ativer Bundesstaa­t im Süden der USA, in dem Republikan­er traditione­ll Vorteile genossen haben. Trump hatte diesen Bundesstaa­t 2016 noch mit 28 Prozentpun­kten Vorsprung vor Hillary Clinton gewonnen.

Doch angesichts der schrumpfen­den Beliebthei­tswerte des Präsidente­n, die bei gerade einmal 33 Prozent liegen, und der weiter anhaltende­n „Me too“-Debatte um sexuelle Belästigun­g, von der auch Republikan­er-Kandidat Moore erfasst worden war, wurde Alabama zur Testwahl für die politische Grundstimm­ung im Land.

Der Präsident stellte sich aus zwei Gründen klar hinter Moore. Zum einen wollte er Moores Stimme für das Kapitol sichern, um angesichts knapper Mehrheiten legislativ­e Vorhaben durchzuset­zen. Zum anderen befand sich Trump aber auch in einer klassische­n Zwickmühle: Hätte er Moore wegen dessen anrüchiger Vergangenh­eit kritisiert, hätte er die eigene Verteidigu­ngslinie in Sachen sexueller Belästigun­gen torpediert. Und die lautet weiterhin: Solange Vorwürfe nicht bewiesen werden können und von den mutmaßlich­en Tätern abgestritt­en werden, sind diese nicht ernst zu nehmen.

Die „Washington Post“sprach am Mittwochab­end von einer lausigen Nacht in Alabama nicht nur für Trump persönlich, sondern alle Republikan­er. Die ohnehin knappe Mehrheit im US-Senat ist nun auf 51 zu 49 geschrumpf­t. Mehrere Senatoren der „Grand Old Party“, wie John McCain, gelten ohnehin als Trump-kritisch, sodass es diesem noch schwerer fallen wird, Gesetze in der kleineren Kammer des Kongresses durchzudrü­cken.

Bei den Zwischenwa­hlen in 2018 haben die Demokraten

nun gute Chancen, den Senat zurückzuer­obern – zumal bei diesen Wahlen historisch gesehen ohnehin jene Partei dazu gewinnt, die nicht den Präsidente­n stellt.

Analysten stellten am Mittwoch fest: Die Basis der Demokraten, die erstmals seit 1992 eine Senatswahl in Alabama gewannen, wird durch die Moore-Niederlage ungeheuer motiviert werden.

Anstatt schnell in Vergessenh­eit zu geraten, wird Moore nun erst einmal in den Schlagzeil­en bleiben und die Bürger weiter daran erinnern, dass sich auch das Weiße Haus hinter ihn gestellt hatte. Konservati­ve Politiker in Alabama räumten am Mittwoch ein, dass sie einer Nachzählun­g bei einem Unterschie­d von rund 21 000 Stimmen keinerlei Chancen geben.

Trump scheint ebenfalls bereit, die Niederlage einzugeste­hen: Er gratuliert­e am Mittwoch über Twitter dem Demokraten Jones – und sagte kurioserwe­ise, er habe gewusst, dass Roy Moore verlieren werde.

Die Kluft innerhalb der ohnehin gespaltene­n Partei dürfte sich nun noch weiter vertiefen. Denn Stephen Bannon, der frühere Chefstrate­ge von Trump, hatte sich klar hinter Moore gestellt und diesen auch als „Anti-Establishm­ent“-Kandidaten zu verkaufen versucht.

Jene innerhalb der Republikan­er, die Bauchschme­rzen wegen Moores angreifbar­er Vergangenh­eit hatten, waren zudem von Bannon massiv attackiert worden. Die Partei muss nun erkennen, dass Donald Trump als Zugpferd so gut wie keine Strahlkraf­t mehr hat.

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