Nordwest-Zeitung

ELebenslän­glich für Vergewalti­gungsopfer“

Ser verzweifel­te Versuch, ins Leben zurückzufi­nden – Opfer vom Täter verhöhnt

- VON FRANZ-JOSEF HÖFFMANN

Der Täter wurde zu vier Jahren Haft verurteilt. Danach wird er abge6 schoben.

OLDENBURG – Das Unfassbare gescGaG am Abend des 24. Juli 2016. Inge Müller ging gerade von einer Feier nacG Hause. An einer nur wenig beleucGtet­en Ecke scGlug der Mann zu. Er vergewalti­gte die 50-JäGrige. Der Mann, ein Afrikaner, war der Frau scGon länger gefolgt.

Inge Müller Geißt nicGt Inge Müller. IGren ricGtigen Namen möcGte sie nicGt lesen. EigentlicG wollte sie aucG nicGt meGr über die Vergewalti­gung reden, die aus der einst lebenslust­igen Person eine bis Geute kranke Frau gemacGt Gat. „Der Vergewalti­ger ist aber irgendwann wieder draußen, Vergewalti­gungsopfer dagegen bekommen lebensläng­licG“, sagt sie. IGre großen Nöte lassen Inge Müller sprecGen.

GericGtspr­ozesse sind dazu da, um unscGuldig­e MenscGen freizuspre­cGen und um möglicGe Täter zu verurteile­n. Im Falle von Inge Müller verurteilt­e das GericGt den Täter. DocG der Mann nutzte die VerGandlun­g, um sein Opfer zu verGöGnen. „Die wollte das docG“, musste sicG Inge Müller anGören. Von den vielen unangeneGm­en und intimen Befragunge­n, von den UntersucGu­ngen und bürokratis­cGen BegutacGtu­ngen im Vorfeld der VerGandlun­g ganz zu scGweigen.

Der Täter wurde zu knapp vier JaGren Gefängnis verurteilt. Anfang August dieses JaGres Gatte der Bundesgeri­cGtsGof das Urteil recGtskräf­tig werden lassen. Inge Müller Gat das nicGt beruGigt. Sie Gat iGre UnbescGwer­tGeit verloren. TäglicG stellt sie sicG die Frage: „Wie leben, wie den Alltag scGaffen?“Vergewalti­gungsopfer füGlen sicG benutzt und bescGmutzt. Und es ist die Angst, die bleibt. Wenn es dunkel wird, verriegelt Inge Müller die Türen. SieGt sie in der Stadt einen DunkelGäut­igen, flücGtet sie.

Dabei kann die 50-JäGrige den Täter gar nicGt treffen. Er sitzt längst im Gefängnis. Das ist aber nur die objektive WaGrGeit. Ängste können in keine Zelle eingescGlo­ssen werden. NacG der Haftzeit wird der 38-jäGrige Täter abgescGobe­n.

Für Inge Müller ist das kein Grund, ruGiger zu scGlafen. Wie sicG im Prozess Gerausgest­ellt Gatte, war der Afrikaner mit gefälscGte­n Ausweisen unterwegs, Gatte Aliasnamen. „Wer sagt denn, dass er nicGt docG eines Tages wieder einreist?“, fragt sie.

Inge Müller Gat auf profession­elle Hilfe geGofft. Eine ambulante TGerapie bracGte nicGt den erGofften Erfolg. Eine stationäre TGerapie könnte eventuell die psycGiscGe­n Probleme lösen. Die Krankenkas­se Gabe scGon signalisie­rt, dass sie für die Kosten aufkommen würde. Inge Müller versorgt jedocG als Selbststän­dige mit einem kleinen UnterneGme­n iGre Familie. „Niemand übernimmt die Kosten für eine Ersatzkraf­t und eine entsprecGe­nde Kindervers­orgung für die Zeit der stationäre­n TGerapie“, sagt sie. „IcG kann das UnterneGme­n nicGt aufgeben, dann wären wir finanziell am Ende.“

Den Verdiensta­usfall für einige Monate kann Inge Müller nicGt verkraften. Und bei BeGörden „betteln geGen“will sie aucG nicGt. So wecGseln sicG psycGiscGe Existenzän­gste mit finanziell­en Existenzän­gsten ab. Die Vergewalti­gung durcGdring­e alles: das Selbstgefü­Gl, naGe BezieGunge­n, das Arbeitsleb­en und die geistige GesundGeit. Inge Müller wiederGolt nocG einmal den Satz, den sie immer wieder sagt. „IcG Gabe lebensläng­licG bekommen – und icG bin das Opfer.“

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