Nordwest-Zeitung

Ein Cineast aus Leidenscha­ft

Ildenburgs Kinokönig Detlef Roßmann erhält Bundesverd­ienstkreuz

- VON KLAUS MODICK

Unter der Regie des 70Jährigen wurde das Casablanca zu einem cineastisc­hen Mekka von nationalem und internatio­nalem Rang. Das Kino wird regelmäßig für seine Programme ausgezeich­net.

OLDENBURG – In den 1970er Jahren war Oldenburg eine cineastisc­he Diaspora. Zwar gab es in der Stadt mehr Kinos als heute, aber sie schrumpfte­n unter der Konkurrenz des Fernsehens und zeigten zumeist flache Unterhaltu­ngsware.

Es war ein ebenso mutiger wie konsequent­er Schritt, als 1981 auf einem Hintergrun­dstück an der Johannisst­raße ehemalige Lagerschup­pen und Garagen zum Programmki­no Casablanca umgebaut wurden, das mit „Opas Kino“nichts mehr gemein hatte, sondern deutsche und internatio­nale junge, innovative Filmkunst und Kinoklassi­ker spielte. Im Vorderhaus entstand ein dem Kino angeschlos­senes Bistro.

Gegründet und betrieben wurde das Unternehme­n von Dr. Detlef Roßmann (70), einem aus Hannover stammenden Germaniste­n, der Mitglied im Gründungsa­usschuss der Oldenburge­r Universitä­t gewesen war, sowie seinem Freund, dem Journalist­en Peter Welfers, der 1986 ausschied und Programmle­iter bei Radio Bremen wurde.

Unter Roßmanns Regie wurde das Casablanca erweitert und zu jenem cineastisc­hen Mekka, das längst nationales und internatio­nales Renommee gewonnen hat und regelmäßig für seine Programme ausgezeich­net wurde und wird. Bei Filmpremie­ren kommen Regisseure und Schauspiel­er zu Podiumsges­prächen und Diskussion­en, es gibt hochkaräti­ge Filmreihen wie etwa „Psychoanal­yse und Film“, aber auch Kinderprog­ramme und Übertragun­gen von Opern und Konzerten.

Ohne die Logistik des Casablanca und die cineastisc­he Kompetenz Detlef Roßmanns wäre das Oldenburge­r Filmfest kaum aus den Kinderschu­hen herausgeko­mmen, und auch ein renommiert­er Literaturp­reis wurde im Casablanca erfunden: Von 1988 bis 1992 wurden im Wintergart­en des Bistros literarisc­he Lesungen veranstalt­et, aus denen dann Lesereise und Preis der „Literatour Nord“hervorging­en.

Ein Intermezzo blieb der zwischenze­itliche Betrieb des Wallkinos. Detlef Roßmann mietete das traditions­reiche Haus und ließ es im Art-DecoStil aufwendig renovieren – bis der unberechen­bare Besitzer den Mietvertra­g überrasche­nd kündigte. Seit 2007 gammelt das Haus als Spekulatio­nsobjekt und städtische­r Schandflec­k ungenutzt vor sich hin.

Das Casablanca, geleitet inzwischen von Tobias Roßmann, dem Sohn des Gründers, ist und bleibt jedoch eine beeindruck­ende KinoErfolg­sgeschicht­e. Der hervorrage­nde Ruf des Hauses verdankt sich nicht zuletzt Detlef Roßmanns unermüdlic­her Tätigkeit in diversen Gremien und Verbänden.

Seit 2007 ist Roßmann Präsident der CICAE, einer internatio­nalen Lobbyorgan­isation zur Förderung der Filmkunst und filmischen Vielfalt, die Kinos mit annähernd 3000 Leinwänden, 15 Filmfestiv­als und diverse Filmverlei­her aus ungefähr 30 Ländern in einem internatio­nalen Dachverban­d mit Sitz in Paris vereint.

Für dies Engagement wurde Detlef Roßmann 2011 der französisc­he „Ordre des Arts et des Lettres“(„Orden der Künste und der Literatur“) verliehen. Diese hohe Auszeichnu­ng sprach sich bis in die Oldenburge­r Stadtverwa­l- tung herum, und um dem Propheten im eigenen Lande nicht noch länger hinterherz­uhecheln, verlieh ihm 2012 der in Sachen Kultur sensible Oberbürger­meister Schwandner das Große Stadtsiege­l für „seine besonderen Verdienste um die Filmkunst und Kultur in Oldenburg“. Für seinen unermüdlic­hen Einsatz für die Kinolandsc­haft in Deutschlan­d erhielt er 2015 den Ehrenpreis der AG Kino-Gilde, deren langjährig­er Vorsitzend­er er war.

Und weil, wie das Sprichwort weiß, zu ehren ist, wem Ehre gebührt, hat Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier nun auch das Bundesverd­ienstkreuz an Detlef Roßmann verliehen – für, fast ahnten wir es schon, „sein großes und verdienstv­olles Engagement im Bereich der Filmkunst, sowohl national als auch internatio­nal“.

Auch wenn unsereiner keine Orden zu vergeben hat, so gratuliert er doch von Herzen.

Das Bundesverd­ienstkreuz wird Detlef Roßmann am 20. Dezember in Oldenburgs Rathaus verliehen.

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BILD: TORSTEN VON REEKEN Vielfach geehrt: Detlef Roßmann in seinem Casablanca Kino
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Modick. Der 66-jährige Bestseller­autor („Konzert ohne Dichter“) lehrte unter anderem an der Keio-Uni Tokio. Modick lebt in Oldenburg.
Autor dieses Beitrages ist Klaus Modick. Der 66-jährige Bestseller­autor („Konzert ohne Dichter“) lehrte unter anderem an der Keio-Uni Tokio. Modick lebt in Oldenburg.

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