Kinder nehmen Drogen
,rschreckende Konsumzahlen bei Jugendlichen und auch schon Kindern in Oldenburg
Schon Kinder konsumieren in Oldenburg: Erschreckende Zahlen haben jetzt nicht etwa die Behörden, sondern Schüler selbst vorgelegt
9chüler haben jetzt 9chüler zum Konsum befragt. 9chon in jungen Jahren wird offenbar gedealt.
OLDENBURG – Da gibt es den 13Jährigen, der für den Eigenbedarf einfach zu viel Cannabis gekauft hatte und deshalb seinen Kumpels etwas abgab. Gegen anteilige Bezahlung, natürlich. Da gibt es die 15Jährige, die eigentlich gar keine Lust auf „das Zeug“hat – dann aber doch mal am Joint zieht, weil die Freundin sagt, sie solle nicht so langweilig sein. Und da gibt es dann noch den 19-Jährigen, der sich seinen eigenen Konsum gut von Jugendlichen finanzieren lässt. Und das Handy. Und das Auto.
Drei Beispiele aus Oldenburg. Drei Beispiele dafür, dass diese Stadt tatsächlich ein Problem mit dem Konsum und Handel von Cannabis im jungen Alter hat. Auch wenn die Meinungen ob der Illegalität dieser so genannten weichen Droge gehörig auseinander gehen und diese beständig in der Politik diskutiert wird (Thema: Medizinisches Cannabis), gibt es doch eine eindeutige gesetzliche Bestimmung.
In einer jüngst von Oldenburger Schülern der BBS3 unter Gleichaltrigen durchgeführten anonymen Befragung zum Thema sind Zahlen offenbar geworden, die vor diesem Hintergrund durchaus erschrecken. Wir haben die wichtigsten Erkenntnisse besagter Umfrage – „Drogenmissbrauch im Jugendalter“– für Sie herausgestellt und mit Daten wie Einschätzungen der Polizei abgeglichen.
50 Prozent aller Schüler haben schon mal gekifft
Diese Zahl deckt sich zwar nicht mit den offiziellen Deliktszahlen der Polizei – im Jahr 2016 wurden hier gerade einmal 208 minderjährige Konsumenten erwischt –, deutet aber das tatsächliche Ausmaß an und entspreche durchaus der gefühlten polizeilichen Wahrheit. Bundesweit, aber auch in Niedersachsen und eben nicht zuletzt in Oldenburg, steigt die Zahl der erwischten Konsumenten weiter an. In dieser Stadt stellen die Beamten alljährlich eine durchschnittli- che Steigerung der erfassten Delikte von rund 27 Prozent fest, wie es heißt. Die sichergestellten Mengen werden größer, die Delinquenten zudem immer jünger. Dies alles lässt auch darauf schließen, dass die „Dunkelkifferziffer“weitaus höher liegt und damit besagten Werten aus der Schülerumfrage bedenklich nahe kommen wird.
Knapp ein Viertel hat schon mal gedealt
Es ist sicherlich nicht der gewerbsmäßige Handel mit Cannabis, Tabletten und Co hinter der Sporthalle – wer aber mit anderen Gleichgesinnten hin- und her„tauscht“und verkauft, gilt als „Dealer“. Und weil es sich da oftmals nicht nur um einen Begünstigten handelt, haben die Ermittler der Polizei mit der Auswertung von Handydaten und Chatverläufen mehr als genug zu tun – bis zu 25 potenzielle Kunden gäbe es im Schnitt. „Das macht pro sichergestelltem Handy viele tausend ausgedruckte Seiten, die wir lesen müssen“, so Ermittlungsführer Thomas Vater vom Fachkommissariat Jugendkriminalität.
Mehr 1ungen als Mädchen konsumieren
Vielleicht liegt es am Gruppendruck, vielleicht aber auch an etwaigen „Mutproben“, die im Freundeskreis schnell eingefordert werden können.
95 Prozent aller Kiffer bleiben unentdeckt
Dies scheint das größte Problem in der Aufbereitung und Bekämpfung des tatsächlichen Cannabiskonsums. Die Behörden verweisen hier auf die sogenannte Holkriminalität, sprich: Delikte werden erst durch Ermittlung und Kontrolle aufgedeckt. Was nicht proaktiv zu Tage befördert wird, bleibt in der Sicherheit des Verborgenen. „Einbrüche und Diebstahl werden angezeigt – Konsum aber nicht“, so Thomas Vater. In dessen Fachkommissariat sitzen allerdings nur wenige Kollegen, die sich nicht zuletzt mit der Auswertung zahlreicher Alt-Fälle zu beschäftigen haben. Wird da der Kampf gegen den Drogenmissbrauch aufgegeben? Mitnichten! Die Masse lässt sich mit diesem Personalschlüssel indes kaum bewältigen.
Obwohl sie erwischt wurden, haben alle weiterhin beständig konsumiert
Liegt’s am minderen Unrechtsbewusstsein angesichts der sogenannten „weichen Droge“oder an der Blöße, die sich der Delinquent im Freundeskreis nicht geben mag? In jungen Jahren brüsten sich sogar offenbar viele mit ihrem Konsum, wie die Polizei nicht nur aus Chat-Protokollen erwischter Jugendlicher weiß. Eine weitere Erklärung wäre der Gruppen-, aber eben auch der gesellschaftliche Druck, den die Jugendlichen verspüren. Von „Stress und unangenehmen Gefühlen“hört man häufiger auch in der Beratungsstelle „Rose12“an der Alexanderstraße, der „Leistungsdruck“in Schule und Privatleben rücke da verstärkt in den Fokus. Wenn die Gesellschaft den Konsum der jungen Leute schon nicht verhindern kann – ist sie dann sogar schuld am Konsum?
Cannabis ist die Hauptdroge, LSD und Ecstasy werden auch genommen
Cannabis, Speed, Ecstasy, Pilze, Kokain, LSD und Heroin – in dieser Reihenfolge und Häufigkeit wurden von den befragten Schülerinnen und Schülern bislang konsumierte Drogen genannt. Von Leichtigkeit beim Cannabis zu sprechen, wäre aber verfehlt – denn was bei den „Alt-68ern“noch als Wohlfühldroge galt, ist es heute ganz technisch nicht mehr. „Früher lag der THCGehalt bei 6 Prozent, heute liegt er bei über 20 Prozent“, sagt Thomas Vater.
Gymnasiasten und Hauptschüler konsumieren
Befragt wurden Schüler vom beruflichen Gymnasium, der Fachoberschule, Hauptschule und auch Jugendliche ohne Abschluss. Das Konsumverhalten vollziehe sich demnach entsprechend der Antworten und mit marginalen Schwankungen durch alle gesellschaftlichen Räume – eine Frage von Geld und Stand ist’s zumindest nicht. Das kann man bei der Polizei so bestätigen; auch den Beratern bei Rose 12 werde dies immer wieder verdeutlicht.
Präventionsmaßnahmen müssen früher erfolgen
Bereits im Alter von 13 Jahren sollten junge Menschen von Präventionselementen entsprechend flankiert werden, fordern die Schüler. Und dann bitteschön nicht nur mit Handzetteln. Passend dazu werde derzeit im Fachkommissariat Jugendkriminalität das Konzept für ein Ermittlungsteam „Blow“erarbeitet, das sich konzentriert des Marihuanakonsums annehmen solle. „Wir wollen den Handel eindämmen und den Jugendlichen zeigen, dass dies nicht der richtige Weg für sie sein kann“, so Thomas Vater. Und: „Wir werden zwar nicht allen helfen können, aber vielleicht doch einem Großteil zumindest die Gefahren bewusst machen.“