Nordwest-Zeitung

Wahlhelfer Rajoy

- VON STEFANIE DOSCH

Absolute Mehrheit für die Parteien der Separatist­en! Die Katalanen feiern, die Esteladas wehen. Applaus für den entmachtet­en Regierungs­chef Carles Puigdemont!

Doch eigentlich gebührt der Dank einem ganz anderen: Spaniens Ministerpr­äsident Mariano Rajoy. Jahrelang verweigert­en er und seine Partido Popular (PP) den Katalanen einen ernsthafte­n Dialog. Als die Katalanen dann einseitig – und ja: illegal – das Referendum abhielten und die Unabhängig­keit ausriefen, ließ Madrid die Wähler niederknüp­peln, die Politiker verhaften und die Region entmachten.

Diese Brachialpo­litik kam selbst bei den gemäßigten Katalanen nicht an. Sie stimmten nun gegen Rajoy. Seine PP wird im neuen Regionalpa­rlament nur drei von 135 Sitzen haben. Die eigentlich kleineren Ciudadanos wurden hingegen stärkste Partei, eine Partei, die sich eindeutig positionie­rt hat – gegen eine Abspaltung von Spanien, gegen die populistis­chen Parolen von Puigdemont.

Denn der Ober-Rebell hat in den vergangene­n Monaten vor allem eins unter Beweis gestellt: dass er keinen Plan hat, dass er nur die Abspaltung propagiere­n vermag, aber nicht eine Unabhängig­keit konkretisi­eren kann. Und dass er nicht persönlich die Folgen seiner Politik trägt, sondern lieber klammheiml­ich die Flucht ergreift.

Immerhin ist er jetzt bereits dort, wo Hilfe sein könnte: in Brüssel, im Herzen der EU. Statt Rajoys Nonsense von der „innerspani­schen Angelegenh­eit“gebetsmühl­enartig zu wiederhole­n, sollte die EU-Kommission endlich vermitteln, beide Seiten zu sinnvollen Kompromiss­en bewegen.

Sonst betrifft die „innerspani­schen Angelegenh­eit“bald nicht nur Katalonien. Denn nur mithilfe dieser wirtschaft­lich starken Region hat Spanien seine Wirtschaft­skrise gerade einigermaß­en in den Griff bekommen. Welche Folgen ein erneutes Hochkochen hätte, können die vielen Spanier, die damals auch hier in den Nordwesten ausgewande­rt sind, eindrucksv­oll erzählen.

@ Die Autorin erreichen Sie unter Dosch@infoautor.de

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