Puigdemont wartet in Brüssel auf Ruf aus Barcelona
EU schweigt weiter – Europapolitiker kritisieren Zentralregierung und Separatisten
BRÜSSEL – Carles Puigdemont gibt sich siegesgewiss. Das Ergebnis der Wahl in seiner katalonischen Heimat könne „von niemandem bestritten“werden. Madrid habe die Wahl verloren, „mit der es den Putsch legalisieren“wollte. Und: „Der spanische Staat ist bezwungen.“
Doch der von Madrid entmachtete und nach Brüssel geflüchtete Regierungschef spricht zu seinen Anhängern in Barcelona nur per VideoBotschaft. Noch immer hält er sich in der belgischen Hauptstadt auf, wohin er vor der spanischen Justiz geflohen war. Mittlerweile kassierten die spanischen Sicherheitsbehörden zwar den Europäischen Haftbefehl wieder ein, doch Puigdemont muss damit Erfolg aus dem „Exil“(v.l.): Kataloniens Ex-Gesundheitsminister Antoni Comin, Ex-Regierungschef Carles Puigdemont und Ex-Agrarministerin Meritxell Serret
rechnen, beim Übertreten der Grenzen zu seiner Heimat verhaftet zu werden. Puigdemont selbst kündigt aber bereits an, er werde in sein Land
zurückkehren, wenn ihn das Parlament rufe.
Zwar setzt er weiter darauf, dass „wir jetzt das Recht haben, angehört zu werden“. Dass es dazu nicht kommen dürfte, macht schon am Morgen nach dem Votum ein Sprecher der EU-Kommission klar: „Es handelt sich um eine Regionalwahl, und das haben wir nicht zu kommentieren“, sagt er. Fazit: Ein offizielles Treffen mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker oder Ratspräsident Donald Tusk steht nicht auf der Agenda. Und um eine Vermittlung müsste Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy offiziell bitten. Dies hat er bisher stets abgelehnt. Es ist nicht zu erkennen, warum er seine harte Linie nun ändern sollte.
Doch die gerät inzwischen unter Beschuss. „Jetzt sind Brückenbauer gefragt, um den Konflikt zwischen Zentralregierung und Separatisten in Katalonien zu überwinden“, kommentiert der SPDEuropaabgeordnete Jo Leinen den Ausgang der Wahl. „Rajoy neigt zur Sturheit“, bilanziert der frühere Chef des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok (CDU).
Aber auch an Puigdemonts Kurs gibt es offene Kritik – sogar aus dem von AutonomieBestrebungen geprägten Belgien. Der Präsident des Ausschusses der Regionen bei der EU, der frühere Chef der ostbelgischen Regionalregierung Karl-Heinz Lambertz, fordert, Spanier und Katalanen sollten sich an Belgien orientieren: „Es wird mehr und mehr deutlich, dass eine einseitige Unabhängigkeitserklärung unweigerlich in eine Sackgasse mündet.“Für eine Lösung brauche es die Kompromissbereitschaft beider Seiten. Die ist jedoch am Freitag noch nicht zu erkennen, zumal das Ergebnis von beiden Seiten als Sieg reklamiert wird.