Zahl der Wolfsrisse verdoppelt
Umweltminister Lies kündigt Änderungen im Umgang mit (aubtier an
HANNOVER/DPA – Die Zahl der von Wölfen getöteten Nutztiere hat sich in Niedersachsen im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Landesweit wurden 355 Weidetiere gerissen, im Jahr zuvor waren es nur 178 gewesen. Das sagte eine Sprecherin vom Wolfsbüro des Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz. 232 Nutztierschäden wurden bisher gemeldet, 142 konnten eindeutig Wölfen zugeordnet werden. Betroffen sind vor allem Schafe. In 33 Fällen war der Wolf definitiv nicht der Verursacher. Weitere Fälle sind unklar.
Immer wieder werden Schafe, aber auch (inder und andere Nutztiere von Wölfen gerissen. Die neue Landesregierung will im Umgang mit Wölfen nun einiges verbessern.
HANNOVER – Jer Jmgang mit dem Wolf soll in Niedersachsen verbessert werden. Das hat Umweltminister Olaf Lies (SPD) angekündigt. Was bedeutet das konkret?
Wo wird es Änderungen im Umgang geben
Die Landesregierung plant eine ganze Reihe von Schritten, etwa bei der Schadensregulierung und der Wolfsberatung. „Wir sind beim Artenschutz für den Wolf in einer Phase angelangt, in der nicht das einzelne Tier oder Rudel entscheidend ist, sondern die Akzeptanz der Gesellschaft“, sagt Lies. „Es geht jetzt vor allem um konsequentes, aber rechtssicheres Handeln im Umgang mit dem Wolf.“
Was ist das Ziel der neuen Wolfsverordnung
In Brandenburg soll Anfang 2018 eine Verordnung in Kraft treten, die auch den Abschuss von aggressiven oder anderen problematischen Wölfen als letztes Mittel erlaubt. „Meine Haltung ist klar: Die Sicherheit der Menschen hat oberste Priorität“, betont auch Lies. „Wenn Wölfe die Scheu vor dem Menschen verlieren und
dadurch zur Gefahr werden, müssen sie schnell entnommen werden.“
Was bedeutet der Begriff „Entnahme“
Entnahme kann die Tötung („letale Entnahme“) oder theoretisch auch das Einfangen von lebenden Tieren mit anschließender Unterbringung im Gehege meinen. 2016 wurde ein Wolf per Ausnahmegenehmigung im Heidekreis erschossen. Das Tier hatte die natürliche Fluchtdistanz nicht eingehalten und sich wiederholt Menschen genähert.
Sollen künftig auch andere Gründe reichen
Nicht nur bei einer Gefahr für Menschen sollen künftig in Niedersachsen entsprechende Schritte ergriffen werden. „Auch der Umgang mit Wölfen, die wiederholt Herdenschutzmaßnahmen überwinden, muss überdacht werden“, sagt Lies. „Wenn Rinder nach guter fachlicher Praxis eingezäunt sind und trotzdem wiederholt von Wölfen angegriffen werden, müssen wir reagieren.“Die Zahl der getöteten Nutztiere hat sich in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr 2017 auf über 350 fast verdoppelt. Im Einzelfall könnten Tiere in ein Gehege gebracht werden. Auch Vergrämen (dauerhaft Verscheuchen) sei eine Möglichkeit.
Wer entscheidet über einen Abschuss
Der Wolf ist in Deutschland streng geschützt. Grundsätzlich sind die Unteren Naturschutzbehörden
der Landkreise für Ausnahmegenehmigungen zur Entnahme von geschützten Tieren verantwortlich. Sind aber Menschen gefährdet, geht die Verantwortung auf das Land über.
Was ändert sich bei Ausgleichszahlungen
Landwirtschaftsverbände beklagen unzureichende und aufwendige Schadenersatzzahlungen. Künftig sollen Weidetierhalter schneller und effektiver unterstützt werden. So soll die optische Rissbegutachtung als Standardverfahren etabliert werden. „Nur in Zweifelsfällen wird auf die DNA-Analyse zurückgriffen“, kündigt Lies an. Zudem müsse der Herdenschutz ausgebaut werden, etwa durch Hunde oder Zäune. „Ganz aktuell haben wir schon die Förderkulisse auf ganz Niedersachsen ausgeweitet, und zukünftig sollen auch Hobbytierhalter gefördert werden können.“
Wie sieht es mit wolfsfreien Zonen aus
Ein Wolf kann in einer Nacht gut 60 Kilometer zurücklegen. „Die Schaffung wolfsfreier Gebiete ist nicht nur sachlich, sondern auch rechtlich äußerst problematisch“, erklärt Lies. Er will in Brüssel Gespräche über entsprechende Möglichkeiten führen. In ganz Niedersachsen alle Rinderweiden wolfssicher einzuzäunen, sei illusorisch. „Wenn es immer wieder an derselben Stelle trotz eines Zauns zu Wolfsrissen kommt, dann muss es auch möglich sein, die Wölfe zu entnehmen.“Die
Wölfe bei Cuxhaven und Goldenstedt sollen möglichst bald mit Sendern ausgestattet werden, um eine Beobachtung ihres Verhaltens sicherzustellen.
Welche Rolle spielen Jägerschaft und Wolfsbüro
In Niedersachsen ist die Landesjägerschaft dafür zuständig, die Tiere zu erfassen und zu beobachten. „Das Monitoring ist die wichtigste Grundlage eines guten Wolfsmanagements – auch hier überlegen wir, wo Verbesserungen möglich sind“, betont Lies. Ziel sei es, in Zukunft ein Tier pro Rudel mit einem Sender zu versehen. Zudem wird geprüft, ob zusätzliche Wolfsbüros eingerichtet werden.
Ist eine Aufnahme ins Jagdrecht geplant
Nur wenn eine Tierart dem Jagdrecht unterliegt und auch eine Jagdzeit hat, darf sie von Jägern erlegt werden. „Das macht jetzt keinen Sinn, weil der Wolf dann derzeit das ganze Jahr lang Schonzeit hätte“, sagt Lies zu einer Aufnahme ins Landesjagdrecht. „Wenn die Population eine Größe erreicht, dass der Wolf bejagt werden kann, ist das anders. Aber aktuell wäre die Aufnahme nur eine Alibi-Lösung.“Der Wolf sei da, und er bleibe auch. „Der Wolf ist in Niedersachsen heimisch geworden. Jetzt müssen wir lernen, nebeneinander zu leben. Akzeptanz ist also auch die größte Herausforderung für den Artenschutz.“
Eine Karte zu den Nutztierrissen unter www.wolfsmonitoring.com/ monitoring/nutztierrisse