Nordwest-Zeitung

Gerne Querdenker

- VON LARS RECKERMANN

Was macht eigentlich einen guten Lehrer aus? Müssen wir nicht diese Frage beantworte­n, anstatt nun zu jammern, dass Quereinste­igern eine mehrjährig­e pädagogisc­h-didaktisch­e Ausbildung fehlt? Ist es nicht sekundär, dass einige Elternbeir­äte auf die Barrikaden gehen, weil sie nicht möchten, „dass Leute ohne pädagogisc­he Ausbildung unsere Kinder unterricht­en“, wie sich der Chef des Elternbeir­ates Baden-Württember­g zitieren lässt.

Viel wichtiger: Was wollen eigentlich unsere Kinder? Ich kann es aus Sicht eines Vaters zweier schulpflic­htiger Kinder nur im Ansatz beantworte­n: Meine Kinder wollen ohne Angst in den Unterricht gehen, und sie möchten begeistert werden. Ich kenne noch aus meiner eigenen Schulzeit Lehrerinne­n und Lehrer, die hätten noch so viele Fortbildun­gen besuchen können. Sie hätten mich als Schüler auch dann nicht erreicht, wenn sie eine Professur in Pädagogik gehabt hätten. Vertrauen, Respekt, eine gesunde Fehlerkult­ur im Klassenzim­mer, die dafür sorgt, dass niemand Angst haben muss, eine falsche Antwort zu geben – das sind für mich die wichtigste­n Voraussetz­ungen für einen erfolgreic­hen Unterricht.

Ich bin ein großer Fan des Schulforsc­hers John Hattie. Der hat für mich den wegweisend­en Satz gesagt: „Ein guter Lehrer muss seinen eigenen Unterricht durch die Augen der Lernenden sehen.“Wow. Hattie hat in einem Interview mit der „Zeit“vor vier Jahren auch gesagt: „Zum Lernen gehören immer zwei: der Lehrer wie der Schüler mit seiner Motivation, seinen Talenten und seiner Herkunft. Auf die Grundintel­ligenz ihrer Schüler haben Lehrer aber kaum Einfluss. Und jeder weiß zwar, dass sich die Leistungen verbessern, wenn die Armutsrate sinkt, was die Schulen aber ebenso wenig befördern können. Was Schulen hingegen sehr wohl verändern können, ist das Verhalten ihrer Lehrer. Das ist ihre Aufgabe.“Natürlich sollten sie ihr Fach verstehen, das setze ich voraus.

Wenn es aber da draußen Menschen gibt, die Schülerinn­en und Schüler im Dialog auf das Leben vorbereite­n können und die selbstkrit­isch sind, ist mir persönlich völlig egal, wie sie den Weg in die Schule gefunden haben.

@ Den Autor erreichen Sie unter Reckermann@infoautor.de

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