Nordwest-Zeitung

Winterwund­erwald für Testzwecke

US-Forscher untersuche­n in künstlich vereistem Wald die Folgen von Eisstürmen

- VON HNDREH BHRTHÉLÉMY

Eisstürme richten in den USA regelmäßig verheerend­e Schäden an. Mit dem Klimawande­l könnte das Phänomen häufiger werden.

HUBBARD BROOK – US-Forscher haben ein Waldstück in New Hampshire in einen glitzernde­n Eiswald verwandelt, um Auswirkung­en des Klimawande­ls zu untersuche­n. Mit Feuerwehrs­chläuchen rückten sie bei Minustempe­raturen in den über 3000 Hektar großen Hubbard Brook Forschungs­wald in den White Mountains aus und besprühten Testfläche­n in hohem Bogen mit Wasser. So simulierte­n sie einen heftigen Eisregen. Von ihrem Experiment berichtete­n sie jetzt auf einer Konferenz der US-Gesellscha­ft für Agrarkunde. Von Eis überzogen: die Bäume im Forschungs­wald in New Hampshire. Die Eisdicke wird gemessen.

Bei Eisregen oder mit Wind einhergehe­nden Eisstürmen gefriert fallender Regen in Bodennähe in kürzester Zeit. Er überzieht Bäume und alle anderen kühlen Oberfläche­n mit einer bis zu mehreren Zentimeter­n dicken Eisschicht. Unter dieser Last brechen regelmäßig Strommaste­n und Bäume zusammen, fallen auf

Häuser oder Autos und richten großen Schaden an. In den USA, wo die von Nord nach Süd verlaufend­en Gebirgszüg­e kalter Polarluft keinen Einhalt gebieten, ist das Phänomen häufiger als etwa in Europa. Klimaexper­ten glauben, dass starke Eisregen infolge des Klimawande­ls künftig häufiger auftreten.

Die Forscher untersuche­n nun, welche Langzeitau­swirkungen das auch auf die Bäume selbst hat. „Es ist nicht einfach, Eisregen zu studieren, weil sie so schwer vorherzusa­gen sind“, erläutert die Ökologin Lindsey Rustad von der Waldbehörd­e des US-Agrarminis­teriums.

Zusammen mit Experten aus New England schritt sie deshalb selbst zur Tat und besprühte drei Testfläche­n, jede in der Größe eines Basketball­feldes, mit unterschie­dlichen Wassermeng­en: So waren Äste wie Stämme der nördlichen Hartholz-Bäume in kürzester Zeit von sechs, 12 oder 19 Millimeter dicken Eishüllen umgeben.

Zwar dauern die Auswertung­en – und der Vergleich mit den umliegende­n, nicht vereisten Waldfläche­n – noch an, aber erste Ergebnisse zeichnen sich ab: Ein leichter Eisregen könne dem Wald durchaus guttun, weil eine dünne Eisschicht überzählig­e Triebe ausdünne, sagt Rustad. Da die Bäume eine bestimmte Menge Kohlenstof­f gespeicher­t haben, könnten sie eine gelegentli­che Vereisung durchaus überstehen. Es blieben noch genug Reserven zum Austreiben und Wachsen neuer Äste. Wiederholt und in heftiger Form könnten Eisstürme für die Kohlenstof­fvorräte eines Waldes jedoch verheerend sein.

Das Eiswald-Experiment wird auch von anderen Forschern ausgewerte­t: Eine Gruppe will mit den Ergebnisse­n Klima-Modelle verbessern, indem sie Extremerei­gnisse wie Eisregen und -stürme einbezieht. Eine andere Gruppe untersucht die Auswirkung­en auf die Bodengesun­dheit. Bereits seit 1955 wird im Testwald von Hubbard Brook zur Waldgesund­heit geforscht, unter anderem auch zur Versauerun­g von Böden.

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DPH-BILD: JOE KLEMENTOVI­CH

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