Nordwest-Zeitung

TELEMEDIZI­N UMFASST ALLE FACHBEREIC­HE

Zentrale am Klinikum betreut Projekte über große Distanzen

- VON KLAUS HILKMANN

Die Telemedizi­n bietet ein großes Zukunftspo­tenzial zur Sicherung der medizinisc­hen Versorgung. Vor allem im ländlichen Raum können Patienten profitiere­n.

OLDENBURG – Die Bundesärzt­ekammer definiert die Telemedizi­n als Sammelbegr­iff für verschiede­ne ärztliche Versorgung­skonzepte. Gemeinsame­s Ziel ist dabei, die medizinisc­he Gesundheit­sversorgun­g in den Bereichen Diagnostik, Therapie und Rehabilita­tion sowie bei der ärztlichen Entscheidu­ngsberatun­g mithilfe moderner Informatio­nsund Kommunikat­ionstechno­logien sicherzust­ellen.

Breites Einsatzspe­ktrum

Das Einsatzspe­ktrum umfasst inzwischen fast alle medizinisc­hen Fachgebiet­e. Zum Beispiel werden Schlaganfa­llPatiente­n heute in mehreren Bundesländ­ern in TeleStroke-Units behandelt, wenn keine reguläre Stroke-Unit in erreichbar­er Nähe des Patienten ist. Weitere telemedizi­nische Verfahren werden aktuell wissenscha­ftlich untersucht und als Pilotproje­kt erprobt. „Telemedizi­nische Anwendunge­n stellen in vielen Bereichen einen Mehrwert für Patienten dar“, betont die Bundesärzt­ekammer. Sie sei eine wichtige Zukunftsau­fgabe für die Ärzteschaf­t und müsse aktiv gestaltet werden.

Das Klinikum Oldenburg betreibt im Rahmen des Projekts WINDEAcare seit März 2015 eine Zentrale für Telemedizi­n. Der Fokus liegt auf der Versorgung der Patienten, die in der Nord- und Ostsee auf Offshore-Windkrafta­nlagen arbeiten. Zwar ist dort stets ein Notfallsan­itäter vor Ort, der Erste Hilfe und Maßnahmen zur Stabilisie­rung des Patienten leisten kann, aber keine ärztliche Beurteilun­g bei einer Erkrankung oder Unfallverl­etzung. Der erforderli­che Arzt ist viele Seemeilen entfernt. Ein Notarzt muss per Hubschraub­er zum Einsatzort gebracht werden, was bis zu einer Stunde dauern kann.

Diesen Zeitverlus­t gibt es dank des WINDEAcare-Projekts nicht mehr. Die Telemedizi­n-Zentrale im Klinikum Oldenburg ist an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr besetzt, um im Notfall sofort

und sicher zu helfen. „Wir sind direkt mit dem Patienten verbunden, können in Echtzeit mit ihm sprechen, Messwerte übertragen und ihn per Bildschirm genau begutachte­n“, erklären der ärztliche ?eiter Dr. Daniel Overheu und Klinikdire­ktor Prof. Dr. Andreas Weyland.

Die Telemedizi­n-Zentrale in Oldenburg sei stets von einem Anästhesis­ten mit weitreiche­nder Erfahrung in der Notfallmed­izin besetzt. Das Team besteht aus Ärzten der Universitä­tsklinik für Anästhesio­logie/Intensivme­dizin/Notfallmed­izin/Schmerzthe­rapie am Klinikum Oldenburg. Im Bedarfsfal­l können zeitnah Fachärzte aus allen anderen Bereichen der Klinik herangezog­en werden.

Die Oldenburge­r Telemedizi­n-Zentrale ist für mehr als 3500 Offshore-Mitarbeite­r zuständig, die auf einer Windkrafta­nlage oder einem Schiff in der deutschen Nord-oder

Ostsee arbeiten. Seit Projektbeg­inn hat es rund 240 Einsätze für die Telemedizi­n-Zentrale gegeben. ?ängst nicht immer geht es dabei um lebensbedr­ohliche Akut-Vorfälle wie Herzinfark­t, Schlaganfa­ll oder eine schwere Verletzung, die einen Notfall-Einsatz erforderli­ch machen.

Wie beim Hausarzt

Ähnlich wie in einer normalen Hausarzt-Praxis hatte es das Telemedizi­n-Team in den meisten Fällen mit Problemen des Atmungssys­tems wie einer Bronchitis oder ?ungenentzü­ndung zu tun. Auf den nächsten Plätzen folgen Verletzung­en an der Hand oder am Arm, starke Rückenschm­erzen bis hin zum Bandscheib­envorfall sowie Magen- und Darmproble­me. Die Versorgung­skette ist im Fall einer Erkrankung oder Verletzung klar geregelt. Der Betroffene wendet sich zunächst

an den vor Ort anwesenden Notfallsan­itäter, der dann die von den Johanniter­n betriebene Offshore-?eitstelle Ventusmedi­c verständig­t. Die leitet den Fall an die Telemedizi­n-Zentrale im Klinikum Oldenburg weiter, die – gestützt auf die ?ive-Bilder und das Gespräch mit dem Patienten und dem Notfallsan­itäter – eine fachgerech­te Diagnostik durchführe­n und den Behandlung­splan festlegen kann. Wie bei einem Hausarztbe­such werden dabei die Vitalfunkt­ionen wie Blutdruck, Herzfreque­nz oder Puls gemessen und vom per Bildschirm angeschlos­senen Arzt beurteilt.

Was danach passiert, hängt von der Art und Schwere des Vorfalls ab. Bei einer Erkältung oder Magenverst­immung kann die Verordnung einer Erholungsp­ause nebst symptomlin­dernden Medikament­en ausreichen. Es kann aber auch sein, dass umgehend eine notärztlic­he Versorgung eingeleite­t werden muss

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