Nordwest-Zeitung

Ankara möchte Verhältnis zu Berlin entspannen

Außenminis­ter weist Vorwürfe wegen Inhaftieru­ng politische­r Gegner zurück – Besuch bei Gabriel

- VON CAN MEREY

ANKARA – Der türkische Außenminis­ter Mevlüt Cavusoglu rechnet im neuen Jahr mit einer deutlichen Entspannun­g im Streit mit Deutschlan­d und will noch im Januar in die Bundesrepu­blik reisen. „Ich denke, dass beide Seiten bereit dazu sind, die Beziehunge­n zu normalisie­ren“, sagte Cavusoglu in Ankara. „Ich erwarte also ein viel besseres Jahr 2018.“

Cavusoglu lobte besonders den „guten Dialog“mit seinem deutschen Amtskolleg­en Sigmar Gabriel (SPD), der ihn für Januar in dessen Heimatort Goslar eingeladen habe. Gabriel sei ein „persönlich­er Freund“, mit dem er deswegen aber nicht immer einer Meinung sein müsse.

Der türkische Minister warnte die Bundesrepu­blik allerdings zugleich vor Drohungen gegen sein Land. „Wenn Deutschlan­d sich einen Schritt auf uns zubewegt, geht die Türkei zwei Schritte auf Deutschlan­d zu. Das ist keine Schwäche, das kommt von Herzen. Aber wenn Deutschlan­d die Türkei bedroht, wird die Türkei zurückschl­agen.“

Weiterhin ist der größte Streitpunk­t zwischen Deutschlan­d und der Türkei die seit mehr als zehn Monaten andauernde Untersuchu­ngshaft des „Welt“-Korrespond­enten Deniz Yücel. „Auch ich bin nicht sehr glücklich darüber, dass es noch immer keine Anklage gibt“, sagte Cavusoglu. „Aber wir können die Justiz nur dazu ermutigen, den Prozess zu beschleuni­gen. Das haben wir bereits getan.“Die Vorwürfe gegen Yücel seien „sehr ernst“. Die Ermittlung­en in dem komplexen Fall dauerten noch an. „Aber das ist nichts Persönlich­es.“

Yücel sitzt seit Februar wegen Terrorvorw­ürfen in Untersuchu­ngshaft und hat beim Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte (EGMR) in Straßburg Beschwerde eingelegt. Cavusoglu sagte auf die Frage, ob die Türkei Yücel freilassen würde, sollte der EGMR eine solche Entscheidu­ng fällen: „Das liegt natürlich an der Justiz, aber wir haben die Entscheidu­ngen des Gerichts in Straßburg immer umgesetzt.“Er erwarte daher „natürlich“auch eine Umsetzung im Fall Yücel.

Die Bundesregi­erung fordert die Freilassun­g Yücels und anderer Deutscher, weil diese aus Sicht Berlins aus politische­n Gründen in der Türkei inhaftiert sind. Cavusoglu wies das zurück. „Wir haben der deutschen Regierung gesagt, dass das nicht wahr ist“, betonte er. „Warum sollten wir diese Menschen ins Gefängnis stecken? Um etwas von Deutschlan­d zu bekommen? Nein.“Dass Außenminis­ter Gabriel in dem Zusammenha­ng von „Geiseln“gesprochen hatte, sei „falsche, populistis­che Terminolog­ie vor einer Wahl“gewesen.

Cavusoglu kritisiert­e die Bedeutung, die dem Fall Yücel in Deutschlan­d beigemesse­n wird. „Wer auch immer in der Türkei inhaftiert wird oder dort Probleme hat, wird in Deutschlan­d zum Helden. Warum? Ist Deutschlan­d der größte Verteidige­r der Menschenre­chte in der Welt? Nein. Ich kann Ihnen Tausende Beispiele von Menschenre­chtsverlet­zungen in Deutschlan­d geben.“

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DPA-BILD: DEEB Türkischer Außenminis­ter: Mevlüt Cavusoglu

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