Nordwest-Zeitung

Zwei Weltstars der leisen Töne

Helen Mirren und Donald Sutherland in „Das Leuchten der Erinnerung“

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Der Film zeigt voller Würde und Grandezza ein altes Ehepaar auf den Spuren des eigenen Lebens. Inszeniert wurde er vom italienisc­hen RegieStar Paolo Virzi.

BERLIN – Noch einmal ein Abenteuer erleben, noch einmal die Grenzen des Alltags durchbrech­en, noch einmal dem Alter trotzen! Ella (Helen Mirren, 72) und John (Donald Sutherland, 82), ein hochbetagt­es Ehepaar aus Boston, wagt, wovon viele nur träumen. Wie sie das anstellen, und was sie dabei erleben, erzählt die Bestseller-Adaption „Das Leuchten der Erinnerung“als bezaubernd­e Melange aus Lovestory und Roadmovie.

Die leise Erzählung (Kinostart an diesem Donnerstag) fesselt von Anfang an, weil sie einen ernsten Hintergrun­d hat: Seit einem halben Jahrhunder­t sind Ella und John miteinande­r verheirate­t. Doch das bisher so dauerhafte Glück ist Ängsten und Unsicherhe­it gewichen: Sie hat Krebs, er leidet zunehmend an Alzheimer. Beide wissen, dass sie nicht mehr viel Zeit haben. Aber haben sie überhaupt noch die Kraft, mit Volldampf durchzusta­rten?

Zwei Oscar-Preisträge­r

Entgegen allen Vorbehalte­n ihres Sohnes Will (Christian McKay) besteigen die zwei kurzentsch­lossen einen ebenfalls schon recht in die Jahre gekommenen Wohnwagen. Die Fahrt geht Richtung Key West in Florida. Sie möchten das dortige Wohnhaus des Schriftste­llers Ernest Hemingway besuchen. Der Trip führt sie entlang der USamerikan­ischen Ostküste. Unwägbarke­iten und Überraschu­ngen sorgen für kleinere Zwischenfä­lle. Das Wesentlich­e Keine Chance für Rührseligk­eit: Helen Mirren und Donald Sutherland in einer Szene des Kinofilms „Das Leuchten der Erinnerung“

für die beiden aber ist, dass sie noch einmal die unerschütt­erliche Kraft ihrer Liebe spüren.

Die zwei Oscar-Preisträge­r machen die zarte Geschichte um die Unfassbark­eit des Glücks zum Ereignis. Helen Mirren zeigt in ihrem fasziniere­nd zurückhalt­enden Mienenspie­l, wie die körperlich geschwächt­e Ella mit Wachheit im Denken auftrumpft. Äußerliche Schönheit spielt für sie keine Rolle. Wegen Ellas Krankheit hat sie sich sogar eine Glatze scheren lassen. Zu Recht wurde die britische Star-Schauspiel­erin für ihren künstleris­chen Wagemut mit einer Nominierun­g für die Golden Globes 2018 als beste Hauptdarst­ellerin geehrt.

Donald Sutherland steht

seiner Partnerin in schauspiel­erischer Intensität nicht nach. Bezwingend gelingt es ihm, dem Verlöschen des Geistes von John voller Würde Ausdruck zu geben. Rührseligk­eit hat keine Chance. Das große Können der beiden Akteure adelt die gelegentli­ch doch etwas vorhersehb­are Story mit Momenten großer Schauspiel­kunst. Höhepunkte sind jene Szenen, in denen sie das Paar zeigen, wie es des Nachts unterm Sternenzel­t in Erinnerung­en an bessere Tage schwelgt. Da dürfte manche Träne im Kino fließen.

Ungemein fesselnd

26 Jahre nachdem sie zuletzt für den Film „Bethune – Arzt und Held“gemeinsam vor einer Filmkamera agiert

hatten, haben die Britin („The Queen“) und der Kanadier („Fellinis Casanova“) erstmals wieder zusammenge­arbeitet. Es hat sich gelohnt. Vor allem ihrem feinnervig­en Spiel ist es zu danken, dass die Geschichte um eine Liebe in späten Jahren ungemein fesselt.

Der bekannte italienisc­he Regisseur Paolo Virzi („Die süße Gier“) setzt in seinem ersten in Englisch gedrehten Spielfilm vor allem auf leise Töne. Das gibt der Geschichte eine glaubhafte Authentizi­tät. Dies auch, weil Virzi durchweg nicht den Blick für die soziale Realität aus den Augen verliert. Der große Trumpf jedoch sind seine zwei Hauptdarst­eller. Wohl jeder Zuschauer dürfte Helen Mirren und Donald Sutherland in sein Herz schließen.

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DPA-BILD: CONCORDE FILMVERLEI­H

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