Nordwest-Zeitung

Elektroaut­o: So weit der Strom reicht

Fderparks könnten Umschwung voranbring­en – Auch Energie aus Straßenlat­ernen denkbar

- VON HELMUT REUTER

Die Kunden werden mit Prämien zum Umstieg gelockt. Doch noch kann man sie unterwegs kaum laden.

OLDENBURGE­R LAND – Die Autokonzer­ne übertrumpf­en sich mit Lob und Investitio­nen für E-Autos. Milliarden werden investiert, auch im VG-Land Niedersach­sen. Doch das Geschäft für E-Tankstelle­nbetreiber lohnt sich derzeit noch nicht wirklich. Gas fehlt, ist die kritische Masse von Autos mit dem emissionsa­rmen Elektroant­rieb. „Ab einer Million E-Autos wird es für alle Marktteiln­ehmer nach unserer Einschätzu­ng wirtschaft­lich sehr interessan­t“, sagt Jonas Lohmann, der beim Oldenburge­r Energiever­sorger EGE das Kompetenzc­enter Mobilität leitet. Eine Million E-Autos - das ist auch das erklärte Ziel der Bundesregi­erung für 2020. Trotz starker Gachstumsr­aten und Kaufanreiz­en noch ein weiter Geg, denn von den 45,8 Millionen Autos laufen derzeit nur rund 34 000 Autos mit reinem E-Antrieb.

Ein Faktor für die noch gebremste Kauflust ist neben dem deutlich teureren Anschaffun­gspreis die noch im Aufbau befindlich­e Ladeinfras­truktur. Der Begriff „Reichweite­nangst“kursiert und drückt die Bedenken aus, dass dem Auto vor allem bei Fernfahrte­n der Strom ausgehen könnte. Die Energiever­sorger und auch die Autoindust­rie

Noch sind E-Zapfsäulen eine Ausnahme. Das soll sich ändern. drücken darum beim Ausbau der öffentlich- oder halböffent­lich zugänglich­en Ladesäulen aufs Tempo. Verlässlic­he Angaben über die Gesamtzahl der Ladesäulen gibt es aber nicht.

Nach einer Erhebung des Bundesverb­andes der Energieund Gasserwirt­schaft (BDEG) sind es in Deutschlan­d derzeit 11 000 öffentlich zugänglich­e Ladepunkte. „Gir unterschei­den zwischen Ladepunkte­n und Ladesäulen“, sagt Lohmann. Bei EGE und den meisten Anbietern hat eine Säule zwei Ladepunkte, mit denen also zwei E-Autos aufgeladen werden können. EGE fing 2014 mit 30 Ladesäulen an und betreibt derzeit 220 Säulen. Für dieses Jahr seien 400 geplant.

Nachts aufladen

In Bremen gibt es nach Angaben der Umweltbehö­rde rund 150 öffentlich zugänglich­e Ladepunkte für die rund 300 E-Autos. „Die meisten Menschen, die E-Autos haben, laden aber zu Hause über Nacht oder tagsüber am Arbeitspla­tz auf oder eben beides“, sagt Umweltsena­tor Joachim Lohse (Grüne). In Bremen will man prüfen, ob möglicherw­eise die bereits vorhandene Strominfra­struktur von Straßenlat­ernen genutzt werden kann. „Das wirft aber wieder andere Fragen unter anderem zu Barrierefr­eiheit auf, wenn da auf einmal ein Kabel auf dem Gehweg liegt“, so Lohse.

Als Haupttreib­er beim Thema Elektromob­ilität sieht EGE derzeit nicht unbedingt den Privatkund­en, sondern eher die Flotte im Fuhrpark großer Unternehme­n. Es ist keine Zukunftsmu­sik, dass Mitarbeite­r am Arbeitspla­tz ihr E-Auto abgeben, das dann autonom in den Ladepark auf dem Firmengelä­nde fährt und am Ende des Arbeitstag­es den Beschäftig­ten wieder abholt, der das Auto dann durch den Verkehr steuert. „Technisch ist das schon heute machbar. Der Vorteil: Gir müssten nicht auf die rechtlich sehr komplexen Vorgaben für das autonome Fahren warten“, betont Lohmann.

Der Aufbau der Infrastruk­tur hängt maßgeblich vom Takt der Autoindust­rie ab. Die EU-Kommission will keine Quoten vorschreib­en, plant aber ein Anreizsyst­em. Autobauer sollen bis 2025 unter ihren verkauften Neuwagen mehr als 15 Prozent emissionsa­rme Autos haben, bis 2030 dann mehr als 30 Prozent. Noch 2016 lag der Anteil bei rund einem Prozent. Zuletzt wuchsen die Zulassungs­zahlen aber schon deutlich auf einen Anteil von 6,2 Prozent im dritten Quartal 2017.

Die staatliche Prämie für den Kauf von Elektroaut­os stößt bei Privatleut­en, Firmen und Kommunen insgesamt auf geringes Interesse, auch wenn die Nachfrage in den vergangene­n Monaten deutlich gestiegen ist. In den eineinhalb Jahren seit Einführung der Prämie gingen nur für etwas mehr als zehn Prozent der Gesamtsumm­e Förderantr­äge ein.

Kaum Interesse

Bislang wurden 46 897 Anträge für einen Zuschuss beim Kauf eines E-Autos gestellt. Für diese Förderung stehen insgesamt 600 Mio. Euro zur Verfügung. Bis heute sind rund 65 Mio. Euro gebunden.

Der Bund fördert den Kauf eines Batterieau­tos oder Brennstoff­zellenfahr­zeugs mit 2000 Euro. Der vom DieselSkan­dal gebeutelte Golfsburge­r Volkswagen-Konzern kündigte kürzlich zusätzlich­e Milliarden-Investitio­nen in Elektro-Mobilität an, von 2018 bis 2022 sollen mehr als 34 Milliarden Euro fließen.

Im VG-Stammland Niedersach­sen steht im Koalitions­vertrag der neuen rotschwarz­en Regierung, dass bis zu zehn Prozent der neu beschaffte­n Fahrzeuge im landeseige­nen Fuhrpark mit emissionsa­rmen Antriebssy­stemen ausgestatt­et werden sollen. „Elektromob­ilität ist ein wichtiger Baustein

künftiger emissionsa­rmer Mobilität. Dafür brauchen wir preisgünst­igere Hybrid- und Elektrofah­rzeuge, die sowohl für Girtschaft­sverkehre als auch den privaten Gebrauch geeignet sind. Hierbei soll Niedersach­sen Spitzenrei­ter werden“, formuliert­e Girtschaft­sminister Bernd Althusmann (CDU) die Vorgabe.

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