Tschechiens Duell der Gegensätze
Der polternde Milos Zeman gegen den nachdenklichen Jiri Drahos
Bei der Präsidentenwahl in Tschechien könnten die Gegensätze kaum größer sein: Auf der einen Seite der bisweilen polternde Amtsinhaber Milos Zeman (73), der Ängste vor Muslimen und Flüchtlingen schürt und die Europäische Union schon einmal mit dem Warschauer Pakt vergleicht. Auf der anderen Seite als größter Herausforderer Jiri Drahos (68): Der Chemieprofessor pflegt eher leise und nachdenkliche Töne.
Zeman, der für eine zweite fünfjährige Amtszeit kandidiert, gibt sich siegessicher. Vor der ersten Wahlrunde am 12. und 13. Januar verzichtet sein Team auf Fernseh-Wahlspots. Auch an den TV-Debatten der Kandidaten nimmt er nicht teil. „Seine Kampagne ist anders, sie ist unkonventionell“, sagt Jan Herzmann, in Tschechien ein gefragter Experte für Wahlforschung.
Zeman habe in den vergangenen knapp fünf Jahren alle
Regionen des Landes besucht – eine Form des permanenten Wahlkampfs. Zudem laufe eine „relativ massive Kampagne“in den sozialen Medien. „Mit einer gewissen Übertreibung könnte man sagen, dass seine Wähler den Wählern Donald Trumps sehr ähnlich sind – sie leben typischerweise in einer kleinen bis mittelgroßen Stadt oder auf dem Land“, sagt Herzmann. Unter den Zeman-Anhängern seien überdurchschnittlich viele Rentner und Menschen mit einfacher bis mittlerer Bildung.
Anders als Zeman ist Drahos kein Vollblut-Politiker. Sein Name steht unter einem Dutzend Patenten. Sechs Jahre leitete er die Akademie der Wissenschaften zu Prag. Seine Kritiker vergleichen ihn mit „destilliertem Wasser“– farblos und ohne Geschmack. Doch hinter der Zurückhaltung könnte eine Strategie stecken. „Wenn jemand in der zweiten Wahlrunde Milos Zeman besiegen kann, dann nicht jemand, der selbst viele Anhänger hat, sondern jemand, der sich möglichst wenig Feinde gemacht hat“, sagt Herzmann.
Umfragen rechnen mit einem knappen Zweikampf in der Stichwahl. In der ersten Runde sieht die Agentur CVVM Zeman bei 32 Prozent und Drahos bei 21,5 Prozent. Es sind sieben weitere Kandidaten im Rennen, die noch für eine Überraschung sorgen könnten.
Was bedeutet die Wahl für Deutschland? Zeman blicke in den letzten Jahren eher nach Osten als nach Westen, sagt der Politologe Jiri Pehe. Das könnte sich bei Drahos wieder ändern.
Formell übernimmt das Staatsoberhaupt in Tschechien wie auch in Deutschland überwiegend repräsentative Aufgaben. Doch viele Beobachter halten den tschechischen Präsidenten für den wichtigsten Meinungsmacher des Landes. Der Politologe Pehe sagt: „Der Präsident wird eher wie ein Monarch behandelt – er soll nicht nur repräsentieren, sondern auch der öffentlichen Debatte die Richtung vorgeben.“
Viele Tschechen wünschen sich zudem einen Mann des Volkes an der Spitze des Staates. Wer am Ende das Rennen macht, entscheidet sich spätestens in der Stichwahl am 26. und 27. Januar.