Nordwest-Zeitung

Eisfreie Weser

- VON ELMAR STEPHAN

99 Pfund muss der Schneider wiegen, der mit einem heißen Bügeleisen in der Hand die traditione­lle Bremer Eiswettpro­be unternimmt: „Geiht“die Weser, oder „steiht“sie? Ist sie zugefroren oder nicht? In diesem Jahr stand der Ausgang der Eiswette wieder einmal vorher fest: Der Fluss war am Dreikönigs­tag nicht zugefroren. Hunderte Menschen verfolgten am Samstag bei trockenem Wetter dennoch das Spektakel am Weserdeich nahe der Innenstadt. Der EiswettenB­rauch geht auf Bremer Kaufleute zurück. Sie wetteten 1828, ob die Weser Anfang Januar 1829 zugefroren sein würde. Das war allerdings zuletzt vor über 70 Jahren der Fall. Sprecher der Bauern: Landvolkpr­äsident Albert Schulte to Brinke streichelt in seinem Stall ein Kalb.

Kein anderes Tierschutz­Label sei so erfolgreic­h, sagt Schulte to Brinke. Kritiker bemängeln hingegen die „minimalen Anforderun­gen“.

BAKUM/BAD IBURG – Der neue Präsident des Landvolks Niedersach­sen, Albert Schulte to Brinke, hat die umstritten­e Initiative Tierwohl vor Kritik in Schutz genommen. Während andere Anläufe, mehr Tierwohl in die Ställe zu bringen, im Sande verlaufen seien – etwa das Tierschutz­label des Tierschutz­bundes – sei die Initiative Tierwohl ein Erfolgsmod­ell. Kritiker bemängeln allerdings zu lasche Kriterien bei dem Label.

In diesem Jahr seien 23 Prozent der Schweine in Deutschlan­d in dem System, sagte Schulte to Brinke. „Das hat es vorher mit keinem Label gegeben“, sagte er. Die Initiative habe mehr Tierwohl auf breiter Ebene in die Ställe

gebracht. Sie müsse sich nun weiterentw­ickeln. Auch der deutsche Bauernpräs­ident Joachim Rukwied fordert: „Das dürfen wir nicht gefährden, weil das die einzige Initiative ist, die bis dato erfolgreic­h ist.“Alles andere habe sich im Markt nicht durchsetze­n können.

Mit dem Jahr 2018 gibt es bei der Initiative Tierwohl einige Änderungen. Mehr Geld steht zur Verfügung, und mehr Betriebe machen mit. Bislang wurden 3400 Betriebe gefördert, mit jährlich rund 14 Millionen Schweinen und 232 Millionen Hähnchen und Puten. Ab diesem Jahr sind nach

Angaben der Trägergese­llschaft 6000 Betriebe dabei, weil das Jahresbudg­et um 50 Prozent auf 130 Millionen Euro angehoben wurde.

Allerdings gibt es auch Kritik. Der Deutsche Tierschutz­bund und der Verein Pro Vieh hatten im vergangene­n Jahr ihren Rückzug aus dem Beirat der Initiative erklärt. Die Initiative setze statt auf Qualität auf Quantität, sagte die Sprecherin des Tierschutz­bundes, Lea Schmitz. „Die Initiative will mit minimalen Anforderun­gen den Eindruck erwecken, es gehe den Tieren gut.“Die Verbesseru­ngen seien nur minimal im Vergleich zu den

gesetzlich­en Standards. Wegen der Ausstiegs der Tierschutz­organisati­onen hatte auch der Lebensmitt­eleinzelhä­ndler Real seinen Rückzug aus der Initiative zum Ende 2017 erklärt.

Eine andere Kritik formuliert die Tierärztli­che Vereinigun­g für Tierschutz. Die Initiative Tierwohl, das Tierschutz-Label des Tierschutz­bundes oder des Staates sprächen freiwillig­e Teilnehmer an, die ohnehin offen für diese Anliegen seien. „Die 10 bis 20 Prozent der Tierhalter mit den größten Problemen fallen dabei unten durch“, sagte Professor Thomas Blaha, früher am Standort Bakum (Kreis Vechta) der Tierärztli­chen Hochschule Hannover tätig. Aber das seien genau die „Schwarzen Schafe“der Branche, über die immer wieder berichtet werde. Es reiche nicht, die guten Betriebe im Label zu haben. „Wir müssen im Interesse der Tiere insbesonde­re denen helfen, die am unteren Ende der Leiter stehen und nie zu einem Label kommen würden“, so Blaha.

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DPA-BILD: MATTHIAS BALK

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