Nordwest-Zeitung

Bejubelte Slalomfahr­t durch vier Dutzend Musikstile

Hamburger Musiker von 67idla 7uh8 beherrsche­n 9unst der charmanten Anz:glichkeit

- VON HORST HOLLMANN

OLDENBURG – Bekanntlic­h haben die Bremer Stadtmusik­anten einst beruflich keine Perspektiv­en an der Weser gesehen und sich aus dem Staub gemacht. Da haben die Hamburger Stadtmusik­anten sich schon handfester selbst verwirklic­ht.

Hans-Torge, Ole und JanFrederi­ck sind bei den Aussichten, brotlose Kunst als Solisten zu betreiben, sich mit talentlose­n Schülern herumzusch­lagen, oder sich an strenge Orchester-Disziplin zu halten, auf eine vierte Variante gestoßen. Sie haben eine eigene Musikforma­tion gegründet: „Bidla Buh“!

Das Trio aus Hamburg gastiert im Staatsthea­ter. Im ausverkauf­ten Großen Haus begeistern sich beim Neujahrsko­nzert des Vereins der Musikfreun­de (VMO) alle Anhänger ebenso plakativer wie feinfühlig­er und kultiviert­er Musik-Comedy.

Hans-Torge Bollert erklärt auf kürzestem Weg die Hierarchie im Trio: „Ich bin hochbegabt M und meine Brüder sind so wie sie sind.“Die haben natürlich andere Blickwinke­l. Gitarrist Ole Klindtwort sieht sich als der Kopf, im Grunde „zieht er die anderen mit durch.“Schlagzeug­er Frederick würde ihnen hingegen am liebsten einen Sprengsatz ins Akkordeon stecken. Natürlich begeht er eine solche Untat nicht.

Also wird das Programm „Sekt, Frack und Rock NnN Roll“zwei Stunden lang zu einer bejubelten Slalomfahr­t durch geschätzt vier Dutzend Musikstile und drei Jahrhunder­te. Frederick schaut allem Treiben verbiester­t zu, Ole eher verschmitz­t. Hans-Torge mimt derweil den Schwerenöt­er, der alle Frauenherz­en auf sich zufliegen sieht, der den „Busenblues­O genießt, der schmachtet und der seiner Lieblings-Zuschaueri­n dezent seine Nummer zusteckt. Doch hier betritt er kein vermintes Terrain. Er schreitet als Schmidtche­n Schleicher in die freie Landschaft der charmanten Anzüglichk­eit.

Auf geschätzt mehr als einem Dutzend Instrument­en spielt er mindestens ebenso gut. Da saust er zwischen Jagdhorn, Jazztrompe­ten, Posaunen oder Blockflöte­n hin und her. Dann pfeift er so skurril wie virtuos die Arie der Königin der Nacht. Der Torge im Haus ersetzt eben ein ganzes Orchester. Doch bei allem Schwergewi­cht lässt er seinen Kompagnons ein persönlich­es Profil. Da gelingen instrument­ale Zaubertric­ks wie südamerika­nisch anheizende­s Gitarrensp­iel mit sechs Händen oder rhythmisch rüttelndes Jonglieren mit Plastikbec­hern. Der Wechsel von Charpentie­rs „Tedeum“auf Händels „Hallelujah“dauert Sekunden, der von Udo Jürgens zu James Brown nicht länger.

Leerlauf gibt es bei „Bidla Buh“nicht, aber auch kein Hetzen. Wie die Schwerpunk­te in einem wirbeligen Programm eigentlich ohne roten Faden treffsiche­r gesetzt sind, das ist große Kleinkunst im Großen Haus.

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