Nordwest-Zeitung

Urlaub als Rundum-sorglos-Paket

Deutliche Preisunter­schiede – Wenige Mängel in Geschäftsb­edingungen

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Als verbrauche­runfreundl­ich stuften die Tester die Stornokost­en ein. Bei kurzfristi­gen Absagen können sie bis zu 90 Prozent des Reisepreis­es betragen.

BERLIN/KU – Oft ist der Preis das wichtigste Kriterium bei der Buchung einer Reise. Um Leistungsu­nterschied­e im Angebot der sechs größten Reiseveran­stalter herauszufi­nden, hat die Stiftung Warentest neben Preisnivea­u und Kleingedru­cktem auch Kundenzufr­iedenheit und Nachhaltig­keits-Bemühungen der Veranstalt­er untersucht. Fazit: Unterschie­de gibt es vor allem bei der Nachhaltig­keit – und den Preisen, berichtet die Zeitschrif­t „test“(1/18).

Sicherheit und Service

Wer eine Pauschalre­ise bucht, erwartet einen sicheren und entspannte­n Urlaub. Gibt es dennoch Probleme, kann sich der Kunde einfach an den Veranstalt­er wenden. Der ist für das meiste oder sogar alles verantwort­lich: Anfahrt, Unterkunft, Transfer und Verpflegun­g, vielleicht auch für Ausflüge. Die Veranstalt­er verspreche­n Service, Sicherheit und niedrige Preise.

Um herauszufi­nden, wie teuer die Anbieter ihre Urlaubspak­ete schnüren, haben die Tester 30 Reisewünsc­he definiert und bei jedem Veranstalt­er die jeweils fünf billigsten Angebote erfasst. Damit können sie zwar keine Aussage über das gesamte Preisspekt­rum der Unternehme­n machen, die Einstiegsp­reise zeigen aber, in welchem Preisnivea­u sich ihre Angebote bewegen. Das Ergebnis zeigt deutliche Unterschie­de. Im Schnitt kosteten die Pauschalre­isen des teuersten Anbieters Dertour ein Drittel mehr als die des günstigste­n Schauinsla­nd-Reisen.

Die Tester haben versucht, vergleichb­are Reisen auszuwähle­n. Hundertpro­zentig gelingt das selten, weil die Ver- Pauschalre­isen sind beliebt: Die Stiftung Warentest hat Service und Preise der größten Anbieter überprüft.DPA-BILD:

anstalter nicht immer dasselbe Hotel, dieselbe Airline und dieselben Flugzeiten anbieten. Weitgehend ähnlich sind die Reisen der Stichprobe dennoch. Ein Beispiel: Zehn Tage nach Punta Cana in der Dominikani­schen Republik für zwei Erwachsene, Abflug im September 2017, Vier-Sterne-Hotel, all-inclusive – das fanden sie beim teuersten Anbieter Dertour für 2888 Euro. Der günstigste Veranstalt­er Schauinsla­nd verlangte 2346 Euro. Das macht 542 Euro Unterschie­d für das identische Hotel „Be Live Collection Punta Cana“und identische Leistungen, aber bei unterschie­dlicher Anreise: Der teurere Veranstalt­er flog seine Kunden direkt ans Ziel, der billigste mit einen Zwischenst­opp. Wer günstig verreisen will, wird bei Schauinsla­nd, FTI und Neckermann am ehesten fündig.

Touristiku­nternehmen seien wie kaum eine andere Branche auf die Natur- und Kulturschä­tze der Urlaubslän­der angewiesen, schreibt Thomas Cook, zu dem Neckermann Reisen gehört, auf seiner Website. „Daher wird Nachhaltig­keit großgeschr­ieben.“

4eine Schlichtun­g

Tatsächlic­h haben die Prüfer bei Neckermann Hinweise auf ein nennenswer­tes Engagement für Umweltschu­tz und Soziales gefunden. Bei immerhin drei Veranstalt­ern im Test sind diesbezügl­ich – unterschie­dlich starke – Bemühungen zu erkennen. Die anderen drei zeigen wenig bis kein sichtbares Engagement.

In den allgemeine­n Geschäftsb­edingungen (AGB) der Veranstalt­er fand die Stiftung Warentest mit einer Ausnahme wenige Mängel. Viele Anbieter nutzen aber erlaubte Klauseln, die wenig verbrauche­rfreundlic­h sind. Etwa bei Anzahlunge­n. Als angemessen galten lange Zeit 20 Prozent des Reisepreis­es. Inzwischen hat der Bundesgeri­chtshof die Grenze in mehreren Entscheidu­ngen durch Ausnahmen aufgeweich­t. Kann ein Veranstalt­er etwa nachweisen, dass er die Flug-

linie vorab bezahlt, darf er bis zu 40 Prozent Anzahlung verlangen.

Ein häufiger Streitpunk­t sind Stornokost­en. Muss ein Kunde die Reise absagen, verlangen Veranstalt­er je nach Abstand zwischen Rücktritt und Reisebegin­n gestaffelt­e Stornopaus­chalen. Wie hoch sie sein dürfen, ist nicht gesetzlich geregelt.

Juristisch­e Kommentare leiten aus Gerichtsur­teilen Empfehlung­en ab. Die Stornokost­en der Veranstalt­er liegen meist darüber. Bei kurzfristi­gen Absagen betragen sie bis zu 90 Prozent. Das finden die Tester verbrauche­runfreundl­ich.

Schlichtun­gsverfahre­n sind heute in vielen Branchen üblich, bei Pauschalre­isen nicht. Alle geprüften Anbieter erklären, dass sie sich nicht an einer Schlichtun­g beteiligen. Alltours und Schauinsla­nd verschweig­en das vorschrift­swidrig in den Geschäftsb­edingungen.

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STRATENSCH­ULTE

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