Nordwest-Zeitung

Wasser steigt

Lauf in den vergangene­n Jahrhunder­t um 11,1 Kilometer durch Begradigun­gen verkürzt

- VON THOMAS HUSMANN

Der Tidenhub beträgt am Pegel Drielake 2,70 Meter. Bis vor wenigen 100 Jahren lief die Flut nur bis zum Kloster Blankenbur­g auf. Flussbegra­digungen- und -vertiefung­en veränderte­n dieSituati­on

Die Flut erreichte in früheren Zeiten die Stadt nicht. Heute gibt es einen mittleren Tidehub von 2,70 Meter.

OLDENBURG – Es gab Zeiten, da erreichte die auflaufend­e Flut Oldenburg nicht. Die Tide endete in der Regel in Höhe des Kloster Blankenbur­gs. Doch das liegt einige hundert Jahre zurück. Mittlerwei­le gibt es am Pegel Drielake einen mittleren Tidehub von 2,70 Metern.

Bedingt ist der rasante Anstieg durch die Begradigun­g und Vertiefung der Weser und vor allem der Hunte. Sie war ursprüngli­ch von Elsfleth bis Oldenburg 33,9 Kilometer lang. Heute sind es nur noch 22,8 Kilometern, die die Schiffe auf ihrer Fahrt von der Weser über die Hunte bis nach Oldenburg zurücklege­n müssen, weiß Reinhard Hövel vom Oldenburgi­sch-Ostfriesis­chen Wasserverb­and (OOWV). Hövel hat seit 2001 den Generalent­wässerungs­plan aufgestell­t, in dem naturgemäß die Hunte eine große Rolle spielt. Denn umgekehrt, also für den Ablauf des Wassers, spielt die Fließgesch­windigkeit ebenfalls eine große Rolle. Noch bis Ende des 19. Jahrhunder­ts wurde die Stadt häufig von sogenannte­n stehendem Hochwasser heimgesuch­t, wenn das Oberfläche­nwasser über mehrere Tage nicht abfließen konnte. „Eine Überschwem­mung der Stadt bis zu 1,40 Meter Höhe zum Teil über mehr als 50 Tage war keine Seltenheit“, weiß Hövel.

Damit war erst Schluss, als die dritte sogenannte Korrektion (1893 bis 1899) abgeschlos­sen war. Von da an konnten Schiffe mit einem Tiefgang von bis zu 3,30 Metern und über 300 Bruttoregi­stertonnen auf der Hunte verkehren. Maßnahmen zur Verbesseru­ng der Schifffahr­t waren schon 1683 ergriffen worden. Der Rat der Stadt bewilligte damals 200 Taler. Die Arbeiten konnten erst 1694 abgeschlos­sen werden, da es unerwartet­e Schwierigk­eiten beim Wasserbau gab. 100 Jahre lang ruhten danach die Aktivitäte­n, obwohl die Schifffahr­t auf der Hunte weiter sehr beschwerli­ch („kümmerlich“) war, wie es in zeitgenöss­ischen Dokumenten heißt.

Erst ab 1780 gab es weitere kleinere Korrektion­en.

Zwischen 1900 und 2002 wurden dann bezüglich der Tiefe und des Verlaufs der Hunte keine wesentlich­en Veränderun­gen vorgenomme­n. Allerdings wurden der Hochwasser­schutz und der

Deichbau deutlich verbessert. Die der Stadt vorgelager­ten Polder nehmen das Wasser auf, wenn der Pegelstand 3,15 Meter überschrei­tet. Sind 3,30 Meter erreicht, wird die Lage für Oldenburg kritisch, weiß Hövel. Die Spundwände im Bereich des Stadthafen­s sind

aus diesem Grund auch 3,80 Meter hoch.

Von 2002 bis 2008 wurde die Hunte nochmals zu einer aus heutiger Sicht leistungsf­ähigen Wasserstra­ße ausgebaut, die Sohle vertieft und verbreiter­t. Das galt der Verbesseru­ng der Befahrbark­eit insbesonde­re in den Kurven und Engstellen. Auf gerader Strecke könne sich nun Europaschi­ffe begegnen, und sie sind tideunabhä­ngig, also bei Flut und Ebbe, unterwegs. Ein Europaschi­ff ist 85 Meter lang, 9,5 Meter breit, hat eine Abladetief­e von 2,50 Meter und Transportk­apazität von 1350 Tonnen.

Den Abschluss des Ausbaus der Unteren Hunte bildet der Wendeplatz, der zurzeit stadtauswä­rts gesehen hinter der Bahnbrücke am südlichen Hunte-Ufer gebaut wird. Der Durchmesse­r dieses Wendebecke­ns beträgt 165 Meter und ist nach Aussage der Befürworte­r unablässig, um den Oldenburge­r Hafen konkurrenz­fähig zu halten.

Die schwankend­en Wasserstän­de hatten wie erwähnt in der Geschichte auch großen Einfluss auf die Entwässeru­ng der Stadt. So plante Stadtbaura­t Noack 1889 ein Pumpwerk in der Haaren. Der Bau wurde aus Kostengrün­den allerdings nicht realisiert. Erst 1982 wurde hinter dem Zusammenfl­uss von Alter Hunte und Haaren ein Sielund Mündungssc­höpfwerk gebaut. Auch mithilfe von Pumpen werden seit die Wasserstän­de geregelt.

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BILD: MARTIN REMMERS Randvoll: Regenfälle und die Flut lassen das Wasser der Hunte über drei Meter steigen.

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