Flüge unter Brücke
Bauwerk dient Hubschrauberpiloten zu Übungszwecken
Waghalsiges Manöver oder doch normale Übungseinheit? Hubschrauberpiloten der Marine haben die Oldenburger Huntebrücke wiederholt zu Trainingsdurchflügen genutzt. „Alles Routine“, heißt es da.
Die Piloten sind in Nordholz stationiert. Auf diese Weise werden auch Rettungsflüge trainiert.
OLDENBURG – Nur ein paar Oldenburger Bisamratten hatte er an diesem Morgen für seine umfängliche Sammlung fotografieren wollen – dann aber gelangen Lothar Wierschowski unterhalb der Huntebrücke plötzlich so seltene wie wahrlich beeindruckende Aufnahmen eines „Seeluchses“in freier Wildbahn.
Bei diesem Seeluchs handelt es sich tatsächlich um einen Marine-Hubschrauber des Typs „Westland Sea Lynx“mit gut 15 Metern Rotordurchmesser und einer Höchstgeschwindigkeit von plusminus 300 km/h. „Ist so etwas nicht extrem gefährlich und überhaupt erlaubt?“, fragte Wierschowski in der Ð-Redaktion nach. Nun, die folgenden Antworten mögen nicht wirklich befriedigend sein, aber: durchaus – und ja.
„Es handelte sich dabei um Unterschwebemanöver“, bestätigt das Marinekommando in Rostock. „Übungen von taktischen Flugverfahren“, nennt es überdies Philipp Wagner, Leutnant zur See beim Marinefliegergeschwader in Nordholz.
Sprich: Die Piloten des besagten Geschwaders werden mit ihren riskanten Manövern
unterhalb der Huntebrücke nicht ausgebildet, sondern stets trainiert. „Das gehört zu den Routineübungen wie das Unterschweben von Freileitungen“, sagt Wagner, „unter anderem wird so auch für den Rettungsdienst auf Nord- und Ostsee trainiert.“
Aber weshalb denn dann bitteschön in Oldenburg? „Weil die Huntebrücke sich dafür sehr gut eignet.“Diese Eignung verdiene sie sich einerseits durch ihre Größe, wie es heißt, andererseits dank ihrer Beschaffenheit „als Autobahnbrücke“, so Wagner. Über Lob freut man sich in Ol- denburg bekanntlich immer, in diesem Fall aber dürfte es durchaus den ein oder anderen Kritiker dieser Durchflüge geben. „Vor allem so extrem niedrig“, sagt beispielsweise Ohr- und Augenzeuge Lothar Wierschowski, „und das nicht in der Mitte der Brücke, sondern an den engen Rändern entlang. Ich halte das für problematisch. Berührt er dort einen Pfeiler, gibt es nicht nur jahrelanges Verkehrschaos, sondern auch Tote.“Aus Nordholz heißt es da-
zu: „Solche Flüge werden ja nicht wöchentlich in Oldenburg trainiert, und die Hubschrauber fliegen ja auch nicht einfach mal eben so hindurch.“Es würde zuvor von Sachverständigen überprüft, ob die Voraussetzungen stimmen, ob das Bauwerk tierfrei ist und ob die Gefahr von Vogelschlag besteht. Wagner: „Die Flugsicherheit steht an oberster Stelle.“Stünde sie wohl auch für die hiesige Stadtverwaltung. Die aber sei gar nicht über derartige Übungseinsätze informiert, heißt es dort.
Ist die Brücke freigegeben, folgten Probeanflüge des Piloten. Dann erst ginge es den Übungsvorgaben entsprechend hindurch. So wie am Montagvormittag. Das mag Wierschowski bestätigen: Erst sei der Hubschrauber über die Huntebrücke geflogen, habe dann einen großen Bogen gemacht und sei dann unterhalb der Fahrbahn durch. Und das halt häufiger. So oft, dass der Oldenburger nun immerhin 41 seltene Fotos des „Seeluchses“archivieren kann. Und eine nette Anekdote gab’s noch obendrauf: „Als ich den Hubschrauber so fotografierte, schauten mir zwei Rehe dabei zu. Das war schon etwas Besonderes!“
Eine Bilderstrecke zu den Übungsflügen des Hubschraubers: www.NWZonline.de/fotos