Nordwest-Zeitung

Tauziehen um neuen Feiertag

Ministerpr­äsident Weil bevorzugt Reformatio­nstag – Widerstand wächst

- VON GUNARS REICHENBAC­HS, BÜRO HANNOVER

Die Wirtschaft ist gegen einen weiteren Feiertag. Die Jusos plädieren für den 8. Mai.

HANNOVER – Das politische Tauziehen um einen neuen Feiertag in Niedersach­sen wird immer heftiger. Während Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD), Hannovers Landesbisc­hof Ralf Meister, der Evangelisc­he Arbeitskre­is in der CDU (EAK) und die AfD für den Reformatio­nstag plädieren, wächst dagegen der Widerstand. Die Wirtschaft lehnt einen zusätzlich­en Feiertag ab und Wirtschaft­sminister Bernd Althusmann (CDU) teilt die Skepsis.

Nicht nur die katholisch­e Kirche und die Jüdische Gemeinde melden heftige Bedenken gegen einen Feiertag an, der für religiöse Spaltung und Martin Luthers Antisemiti­smus stehe. Auch innerhalb der SPD gibt es „unterschie­dliche Meinungen“und „keine Vorfestleg­ungen“, betont SPD-Fraktionsc­hefin Johanne Modder (Bunde). Die Sozialdemo­kratin mahnt, dass ein Feiertagsv­orschlag nicht gegen einzelne Religionsg­emeinschaf­ten gerichtet sein dürfe. In Niedersach­sen gehört laut EAK fast die Hälfte der Bevölkerun­g – rund vier Millionen Menschen – den Kirchen der evangelisc­hen Konföderat­ion an.

Grünen-Fraktionsc­hefin Anja Piel fordert einen Feiertag „für alle Menschen in Niedersach­sen“. Ein religiöser Feiertag scheide deshalb aus. Die Jusos plädieren deshalb für den 8. Mai, dem Tag der Befreiung von der Nazi-Diktatur 1945. FDP-Landeschef Stefan Birkner sieht bereits viel Porzellan zerschlage­n „durch die Art und Weise, wie Weil die Feiertagsd­ebatte betreibt“. Das Verhältnis zu den Religionsg­emeinschaf­ten sei beschädigt.

Der Gewerkscha­ftsbund hält sich mit Vorschläge­n zurück. Für den DGB ist im Namen der Arbeitnehm­er nur wichtig: „Der Feiertag muss zügig kommen!“

Bayerns Tag der Wahrheit im Jahr 2018 dürfte der 14. Oktober werden. Dann entscheide­t sich, ob auch der Landtag in München kräftig durchgewir­belt wird – wie in den vergangene­n Jahren bereits in vielen anderen deutschen Parlamente­n geschehen. Spätestens seit dem Ergebnis der Bundestags­wahl vom vergangene­n September ist die Ausgangsla­ge unklar wie lange nicht im Freistaat – sogar der Wahltermin war lange offen. Am Dienstag hat das Kabinett nun erstmals darüber beraten – es wird wohl der 14. Oktober, da Änderungen bis zur finalen Klärung in einigen Wochen als ausgeschlo­ssen gelten.

Gemessen an den anderen Unsicherhe­iten im Freistaat ist das aber nur ein Randaspekt. Viel wichtiger sind folgende Fragen: Kann die CSU mit ihrer neuen Doppelspit­ze aus Parteichef Horst Seehofer und Spitzenkan­didat Markus Söder ihre absolute Mehrheit verteidige­n? Oder brauchen die seit mehr als 60 Jahren regierende­n Christsozi­alen nach der Landtagswa­hl einen Koalitions­partner, wie schon von 2008 bis 2013? Und was wird aus der AfD? Kann sie auch in Bayern das alte Dogma von Franz Josef Strauß („Rechts von der CSU darf es keine demokratis­ch legitimier­te Partei geben!“) kippen undinsParl­amenteinzi­ehen?

Für die erfolgsver­wöhnte CSU geht es nicht nur um die absolute Mehrheit an Landtagsma­ndaten, auch ihre bundesund europapoli­tische Bedeutung steht bei der Abstimmung auf dem Spiel. Denn während andere Volksparte­ien außerhalb Bayerns absolute Mehrheiten nicht mal mehr in ihren Fantasien als Wahlziele formuliere­n können, ist dies in Bayern nach wie vor der Anspruch der CSU. 47,7 Prozent holte die Partei 2013 mit Seehofer an der Spitze – das reichte zur Wiedererob­erung der absoluten Mehrheit im Maximilian­eum. Für die CSU würde der erneute Verlust der Alleinregi­erung nicht nur bedeuten, dass sie künftig einen Koalitions­partner an ihrer Seite hätte. Die absolute Mehrheit ist auch Teil ihres Selbstvers­tändnisses und ein wichtiger Faktor für ihre überregion­ale Bedeutung. Als erfolgreic­hste Volksparte­i innerhalb der westlichen Demokratie­n konnte sie bislang stets Druck auf die schlechter abschneide­nde CDU ausüben.

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