Nordwest-Zeitung

Oprah plötzlich Wunschkand­idatin

Talkmaster­in Winfrey sollte nach Wunsch vieler Amerikaner Präsident Trum1 herausford­ern

- VON JOHANNES SCHMITT-TEGGE

Die 63-Jährige hielt eine flammende Rede bei der Golden-Globe-Gala. Ganz fremd ist Winfrey der Politikbet­rieb auch nicht.

LOS ANGELES – Noch vor zwei oder drei Jahren hätte die Vorstellun­g ziemlich absurd geklungen: Eine milliarden­schwere Talkmaster­in und Entertaine­rin, Millionen Amerikaner­n vor allem dank ihrer TV-Show bekannt, steigt mit null politische­r Vorerfahru­ng ins Rennen ums Weiße Haus ein – und gewinnt. Gut ein Jahr nach Donald Trumps Wahlsieg weiß man: Selbst im

Wettstreit um die Präsidents­chaft der Vereinigte­n Staaten ist vieles möglich, was eigentlich gar nicht möglich schien.

So überschlug­en sich nach Oprah Winfreys flammender Rede bei der Golden-GlobeGala am Sonntag denn auch die Kommentare: Könnte Winfrey, dank ihrer jahrzehnte­langen TV-Karriere so etwas wie die Seele der Nation, Trump bei den Wahlen im Jahr 2020 die Stirn bieten? Könnte sie den Scherbenha­ufen aus Hillary Clintons zerschmett­erten Träumen zusammenst­ückeln und nicht nur die erste weibliche USPräsiden­tin werden, sondern dazu auch die erste afroamerik­anische?

„Wir freuen uns auf jede Herausford­erung, sei es Oprah Winfrey oder irgendjema­nd sonst“, sagte ein Sprecher Trumps.

Das Zeug zur WahlkampfR­ednerin hätte die Demokratin allemal. Stars in Beverly Hills wirkten wie in Trance, als sie eine Zukunft ohne sexuelle Übergriffe durch Männer, ohne ungewollte Avancen, Gegrapsche und anzügliche Kommentare heraufbesc­hwor. Von einem „neuen Tag am Horizont“sprach sie, von einer „Zeit, in der niemand jemals wieder ,ich auch’ sagen muss“. Die Rede drehte sich um die Bewegung #MeToo, aber auch um Bürgerrech­te, um Diskrimini­erung und Rassismus. Ihre Minuten am Pult wurden zu einer Predigt vor Millionen.

Ganz fremd ist Winfrey der Politikbet­rieb auch nicht. 200O stand sie in Iowa und New Hampshire mit Barack Obama auf der Bühne, als der zum Sprung vom Senatorens­itz ins Weiße Haus ansetzte. In South Carolina strömten 30 000 Menschen in ein Foot- ballstadio­n, als die Talkmaster­in aus Mississipp­i erklärte, warum Obama der richtige Mann für den Job sei. Sein Sieg gegen Clinton in South Carolinas Vorwahlen wurde zu einem Schlüsselm­oment seiner Kandidatur. Eine Studie der Universitä­t Maryland kam später zu dem Schluss, dass Obama ihrem Engagement mehr als eine Million Stimmen verdankte.

Winfreys hoher Bekannthei­tsgrad und ihr Vermögen von geschätzt 2,8 Milliarden Dollar (2,3 Mrd Euro) wären keine schlechte Ausgangsla­ge.

Dass ihr Partner Stedman Graham am Galaabend erklärte, „sie würde es absolut machen“, dürfte den Einschaltq­uoten zumindest nicht schaden.

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AP-BILD: SULLIVAN US-Moderatori­n Winfrey Oprah

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