Taxifahrer zwischen den Religionen
„Herrgott für Anfänger“an diesem Mittwoch im Ersten – Österreichische Produktion
Um seine Angebetete zu erobern und ein Weinlokal erben zu können, wird ein Taxifahrer Moslem und Christ. Die Hauptrolle spielt Deniz Cooper.
MÜNCHEN/WIEN – Es beginnt mit einem Kampf im Matsch – einer Vorschau auf das, was kommen mag am Ende dieses herrlich hirnrissigen Spieles von Lug und Trug und Sehnsucht nach einem irgendwie richtigen Leben. Solch ein Griff in die Zukunft findet sich als erzählerisches Mittel häufig in zeitgenössischen Fernsehfilmen, beinahe häufiger noch als im Kino.
Doch in „Herrgott für Anfänger“erfüllt es einen besonderen Zweck: Nicht weil es andeutet, dass schiefgehen muss, was nur schiefgehen kann für den sympathischen Chaoten Musa (Deniz Cooper). Sondern vor allem, weil es eine Intensität und Dynamik vorgibt, deren Niveau sich im weiteren Verlauf der Geschichte erstaunlicherweise hält. An diesem Mittwoch ist ab 20.15 Uhr in der ARD zu sehen, wie es Musa in den Schlamm verschlug.
Er fährt Taxi in Wien, lebt in die Tage und Nächte hinein. Und die türkische Spra-
che seiner Vorfahren ist ihm ungefähr so fremd wie deren Religion. Bis er Ayse vom Flughafen abholt, die Liebe seines Lebens und die Tochter seines Chefs. Der jedoch ist gläubiger Muslim und würde seine Ayse niemals einem Lebemann wie Musa versprechen. Also bekennt Musa sich in der Moschee eines befreundeten Imams zum Islam.
In die Zwickmühle gerät er jedoch, als eine alte, ausgesprochen konservative Dame (Erni Mangold), die er regelmäßig
fährt und mit der ihn eine ganz besondere Hassliebe verbindet, plötzlich aus dem Leben scheidet. Er soll ihr Heurigenlokal erben – wenn er sich innerhalb eines Jahres christlich taufen lässt. Ein Skandal, findet Miri (Katharina Straßer), die seit Jahren den Laden für die Chefin am Laufen hielt. Doch der Taxibetrieb von Ayses Vater ist in finanziellen Schwierigkeiten – also lässt Musa sich auf ein Doppelleben zwischen Straße und Schank, zwischen Islam
und Katholizismus ein.
Die Drehbuchautoren Berith Schistek und Karl Benedikter bauen mit Regisseur Sascha Bigler viele Verfremdungseffekte in den Film ein. So wendet sich Musa immer wieder im lakonischen Seufzerton direkt ans Publikum, immerhin gibt es sonst niemanden, dem er offen von seinem Dilemma erzählen könnte.
Die in Berlin geborene Zeynep Bozbay spielt Ayse mit dem flapsigen Charme einer
jungen urbanen Generation, die es weder nötig hat, sich von ihren sogenannten Hintergründen zu distanzieren noch diese als Distinktionsmerkmal vor sich herzutragen.
Eine Zärtlichkeit zu beinahe allen Figuren bewahrt sich der Film noch im wildesten Kokolores – und selbst die Autos tanzen Walzer miteinander an einem zauberhaften Ort, der nicht nur für Blech und Reifen einen Abschleppplatz darstellt.