Lit der Pferdebahn durch die Innenstadt
Neschichten vom viel zu kleinen Rathaus und einem fehlenden Volkskaffeehause
Warum fanden Ratssitzungen im Zimmer des Bürgermeisters statt? Und wie le4ten die Retter einst im 2pritzenhaus? Antworten liefert die 2tadtgeschichte!
OLDENBURG – Nichts ist so spannend wie die Geschichte einer Stadt. Und gleichermaßen so amüsant. Wer durch die jahrhundertealten und längst vergilbten Gemeindeblätter der Stadt Oldenburg stöbert, entdeckt dort zwischen den Zeilen Ereignisse und Beschlüsse, die sich bis in heutige Zeiten ausgewirkt haben. In unserer Serie, die in loser Folge veröffentlicht wird, stellen wir die besondersten oder auch nachhaltigsten Einträge eines ganzen Jahres vor. Heute: das Jahr 1882.
PFERDEBAHN
„In Betreff Anlegung einer Pferdebahn, stellte Herr Thorade folgenden Antrag: Der Stadtrath erkennt in der Anlage einer Pferdebahn für Oldenburg eine wesentliche Förderung der allgemeinen Verkehrsinteressen der Stadt und ist seinerseits bereit, die zur Ausführung eines derartigen Unternehmens erforderlichen Maßregeln zu unterstützen. Die zwischen dem Magistrat und dem Unternehmer Leuer abgeschlossenen, dem Stadtrath vorgelegten Concessionsbedingungen können indessen seitens des letzteren nur dann genehmigt werden, wenn zunächst folgende principale Aenderungen vorgenommen werden: a. Die Pferdebahn kann nur dann durch die Langestraße geführt werden, wenn sich der Unternehmer zur Aufhebung des Betriebes und zur Umlegung der Bahn über Theaterwall – Haarenoder Kurwickstraße für den Fall verpflichtet, daß nach Ansicht der städtischen Behörden durch den Betrieb der Bahn auf der Strecke Rathhaus – Haarenstraße weitgreifende empfindliche Uebelstände und Erschwernisse sich einstellen; b. Die Concession wird auf die Dauer von höchstens 25 Jahren ertheilt. Nach Ablauf von 50 Jahren geht der Oberbau, sämmtliche Wagen, Pferde mit allem Zubehör unentgeltlich in das Eigenthum der Stadt über.
Herr Inspector Weber beantragte dagegen: statt a. des vorstehenden Thorade’schen Antrages zu setzen: a. Die Pferdebahn kann nicht durch die Strecke von der Haarenstraße bis zum Markt gelegt werden. (...) Ferner beantragte Herr Weber, dem Thorade’schen Antrage noch nachzufügen: c. Die Kosten der Pflasterung sollen nicht der Stadt zur Last fallen; d. Dem Unternehmer ist eine Abgabe von der Brutto-Einnahme zur Stadtcasse aufzuerlegen.“ Von der Eröffnung im Mai 1884 bis zur Stillegung im November 1888 gab es in Oldenburg den ersten regelmäßigen Personenverkehr – ein auf Schienen laufender, von Pferden gezogener Wagen: die Pferdebahn. Weil sie sich nicht rentierte, wurde die Bahn nach Schleswig verkauft.
„Instruction für die zur Ermöglichung einer thunlichst raschen Hülfeleistung bei Bränden ins Spritzenhaus beim Haarenthore aufgenommenen Mannschaften. §1. Die Mannschaften, welche in dem Spritzenhause beim Haarenthore Aufnahme finden, sind dazu berufen und verpflichtet, mit der ihnen zugewiesenen Spritze nebst Zubehör in Brandfällen so rasch wie irgend möglich nach der Brandstelle zu eilen und Hülfe zu leisten. §2. Dieselben sind verpflichtet, während jeder Nacht und zwar von 10 Uhr Abends bis 5 Uhr Morgens im Spritzenhause anwesend zu sein. (...) §6. Die Mannschaften genießen freie Wohnung, Licht und Feuerung in den ihnen überwiesenen Räumen und dürfen die dazu bestimmten Gegenstände ordnungsmäßig gebrauchen, wie ihnen auch die Benutzung des Kochheerdes und des Kücheninventars nach Vorschrift des Obmannes freisteht. (...)“
FEUERWEHR HAARENTOR
KAFFEEHÄUSER
„Schon seit längerer Zeit bestehen in England, namentlich in London, Kaffeehäuser, die zu dem Zweck errichtet sind, Leuten aus den unteren Volksschichten während ihrer Mußestunden Gelegenheit zu geben, in warmen, erleuchteten und mit einem den Verhältnissen entsprechenden Comfort ausgestatteten Lokalitäten gut zubereitete Speisen und Getränke für einen billigen Preis zu genießen. (...) Der Zuspruch, den diese Häuser haben, ist ein großer; einzelne werfen den Unternehmern einen Nettogewinn ab, bei anderen stellt sich, wie begreiflich, die Sache weniger günstig. Bei der Anlage haben die Unternehmer von vornherein
nicht beabsichtigt, einen Act der Wohlthätigkeit im gewöhnlichen Sinne auszuüben, sondern die ganze Sache ist durchaus geschäftlich behandelt (...) Die Idee, die der Anlegung solcher Volkskaffeehäuser zu Grunde liegt, ist einfach. In allen Schichten der Bevölkerung in Deutschland und auch in England haben die Männer den Wunsch, nach beschafftem Tageswerk wenigstens eine kurze Zeit sich mit Ihresgleichen gesellig zusammenzufinden. Die höheren Stände befriedigen dies Bedürfniß in Klubs oder elegant eingerichteten Restaurationen. Dem Arbeiter bleibt in der Regel nur die „Kneipe“niedersten Ranges. (...) Daß in unserer Stadt Dank dem Umstande, daß die Bedürfnißfrage bei Errichtung von Schankwirthschaften vom Magistrat nicht erörtert werden darf, eine das Bedürfniß unendlich übersteigende Zahl solcher Wirthschaften besteht, ist notorisch, und daß sie genügenden Zuspruch haben, ist ebensowenig unbekannt. Auch wird kaum jemand leugnen, daß nach dem alten Spruch „Gelegenheit macht Diebe“durch eine solche Menge von Branntweinschenken das Branntweintrinken und damit auch der Ruin vieler Familien erheblich gefördert wird. Aber auch in unserer Stadt sollte man denken, wäre es einen Versuch wohl werth, ob es nicht gelingen würde, durch Errichtung eines Volkskaffeehauses einen Theil der Arbeiter aus den Schenken fortzubringen. (...) Die Angelegenheit ist um so leichter in Fluß zu bringen, als ein großes Anlagecapital zu diesem ersten Versuch ja durchaus nicht gehört. Selbstverständlich würde das Etablissement zunächst in einem gemietheten Lokal zu errichten sein. Das Inventar dürfte einfach und verhältnismäßig billig sein. Vielleicht findet sich ein Menschenfreund, der dieses Geschäft übernimmt, das ihm freilich ja vorläufig einen sicheren Gewinn nicht in Aussicht stellt, aber auch ein großes Risico nicht in sich schließt.“
KLEINES RATHAUS
des Rathhauses entspricht in keiner Weise den Anforderungen, welche nothwendig an ein Gebäude dieser Art zu machen sind. Schwerer wiegend aber noch, als diese ästhetischen Rücksichten, sind die geschäftlichen Unzuträglichkeiten, die die Einrichtung des Rathhauses mit sich bringt. Das Zimmer, in dem sich die Registratur befindet, ist derartig klein, daß schon seit vielen Jahren die Führung der Registratur in der Weise, wie sie eigentlich verlangt werden sollte, nicht möglich ist. (...) Das Zimmer des Oberbürgermeisters wäre zwar an und für sich geräumig genug, wenn es auch sehr niedrig ist, wenn es nicht zugleich als Sitzungszimmer für die Sitzungen des Stadtraths und der Armencommission benutzt würde. Diese Combination ist schon an sich bedenklich genug; denn in Folge davon kann der Chef der Verwaltung zu bestimmten Zeiten nicht über sein Arbeitszimmer disponiren (...) Es entwickelt sich erfahrungsgemäß, namentlich im Winter, wo geheizt werden muß, Gas brennt und die Fenster nicht geöffnet werden können, in demselben eine der Gesundheit sehr wenig zuträgliche Luft, und zudem sind die räumlichen Verhältnisse der Art, daß ein Theil der Mitglieder des Stadtraths im Rücken des Vorsitzenden und des Oberbürgermeisters sitzt. Diese Uebelstände haben denn auch dazu geführt, daß jetzt für die Sitzungen des Stadtraths im ,Casino’ ein Saal gemiethet worden ist. (...)
Vor dem Zimmer des Oberbürgermeisters befindet sich kein Wartezimmer, in Folge davon muß das Publikum, das den Chef der Verwaltung Das Streckennetz der „Pferdebahn“in den 80er Jahren.
sprechen will, entweder in der Registratur, und das ist für den Registrator recht hinderlich, oder in dem sehr wenig comfortablen Raum warten, der zwar als ,Warte-Zimmer’ durch eine Aufschrift an der Thür bezeichnet ist, aber doch seiner ganzen Erscheinung nach nur als ,Flur’ passiren kann. (...) Ein ordentliches Arrestlocal befindet sich nicht im Rathause; es ist das ein großer Uebelstand, da in dem Wachtzimmer (...) der Raum es kaum zuläßt, dort einen Arrestanten zu placiren, und es doch auch wünschenswerth ist, die Arrestanten nicht in nahe Berührung mit dem wartenden Publikum zu bringen. (...) Schließlich, last not least, ist es für den Geschäftsgang im höchsten Grade hinderlich, daß die Expedition und das Stadtbauamt, sowie die Kämmerei sich nicht im Rathhause befinden. Namentlich fällt schwer ins Gewicht, daß die Expedition außerhalb des Rathhauses ist, da alle zu expedirenden Sachen nach der Schüttingstraße gebracht und von dort zur Unterschrift wieder nach dem Rathhause zurückgebracht werden müssen.“ Alle bisherigen Serienteile zu Oldenburgs Gemeindeblättern unter
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