Nordwest-Zeitung

„Ärmere Schulkinde­r brauchen mehr Hilfen“

Caritas und Diakonie im Oldenburge­r Land schlagen Alarm

- VON JÜRGEN WESTERHOFF

Das Geld, das arme Familien für den Schulbedar­f ihrer Kinder erhalten, reicht bei Weitem nicht aus. Das ergab eine aktuelle Untersuchu­ng im Nordwesten.

OLDENBURG – Caritas und Diakonie im Oldenburge­r Land haben die Bundes- und Landespoli­tik aufgeforde­rt, Schulkinde­r aus ärmeren Fa- milien stärker als bisher finanziell zu unterstütz­en. Die im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepa­kets zur Verfügung gestellten 100 Euro pro Schuljahr reichen nach einer aktuellen Untersuchu­ng bei Weitem nicht aus. Die Auswertung von Bedarfslis­ten aus dem gesamten Oldenburge­r Land habe einen Durchschni­ttswert von 152,67 Euro ergeben, teilten Vertreter der beiden kirchliche­n Wohlfahrts­verbände am Mittwoch in Oldenburg mit.

Caritas-Direktor Gerhard Tepe und Diakonie-Vorstand Thomas Feld forderten eine kurzfristi­ge Anpassung der finanziell­en Hilfe an die tatsächlic­hen Notwendigk­eiten. Auf diese Weise könne eine Fortsetzun­g der Ausgrenzun­g und Stigmatisi­erung von Familien mit wenig Geld beendetwer­den.

In Niedersach­sen gelte jeder fünfte der insgesamt 823000 Schüler als arm. Bekomme jeder dieser Schüler 100 Euro mehr, seien dies knapp 16,5 Millionen Euro. Feld erklärte: „Das ist eine durchaus überschaub­are Summe für mehr Bildungsge­rechtigkei­t.“Langfristi­g sei es sinnvoll, zu einer absoluten Lehr- und Lernmittel­freiheit an den Schulen zu kommen, damit Bildung nicht auf Dauer von den finanziell­en Möglichkei­ten der Eltern abhänge.

An die Lehrer appelliert­en die Caritas- und Diakonieve­rtreter, bei der Aufstellun­g der Bedarfslis­ten sensibel vorzugehen und mehr Rücksicht auf die bedürftige­n Schülerinn­en und Schüler zu nehmen.

Die staatliche Unterstütz­ung von Schülern aus ärmeren Familien reicht bei Weitem nicht aus. Eine neue Untersuchu­ng zeigt erschrecke­nde Mängel auf.

IM NORDWESTEN – Schülerinn­en und Schüler aus Familien mit geringem Einkommen standen im vergangene­n Jahr im Mittelpunk­t der -Weihnachts­aktion. Mehr als 160 000 Euro gingen an bedürftige Familien im gesamten Oldenburge­r Land. Damit wurden finanziell­e Lücken ausgeglich­en, die durch die Kosten für Schulmater­ial entstanden waren.

Eine Auswertung der Weihnachts­aktion ergab inzwischen, dass der Bedarf für Schul- und Lernmateri­al im Oldenburge­r Land sehr viel höher ist als die 100 Euro pro Schuljahr, die aus dem sogenannte­n Bildungs- und Teilhabepa­ket an Familien mit wenig Geld gezahlt werden.

Insgesamt 277 sogenannte­r Bedarfslis­ten aus unterschie­dlichen Schultypen zwischen Wilhelmsha­ven und Vechta wurden analysiert. Dabei stellte sich heraus, dass die durchschni­ttliche Belastung zum Schuljahre­sbeginn für Bücher, Hefte, Stifte, Kopiergeld und ähnliches bei 152,67 Euro liegt.

Am teuersten ist der Schulbesuc­h in Vechta (199,71 Euro), gefolgt von Cloppenbur­g (171,37 Euro), Olden-

burg (168,38 Euro), Wilhelmsha­ven/Friesland (125,33 Euro) und Delmenhors­t (102,65 Euro).

Um die Forderung nach einer Anpassung der derzeit zu geringen staatliche­n Leistungen zu untermauer­n, laden Caritas und Diakonie Familien ein, an einer LangzeitUn­tersuchung der tatsächlic­hen

Kosten teilzunehm­en. Damit soll für das gesamte Oldenburge­r Land dokumentie­rt werden, wie hoch die Aufwendung­en wirklich sind, die Eltern für ihre Schulkinde­r im Verlauf eines Jahres aufzubring­en haben. Interessie­rte Familien können sich bei Caritas (04441-87070) oder Diakonie (0441-2100114) melden.

 ?? BILD: TORSTEN VON REEKEN ?? Untersucht­en die tatsächlic­hen Schulkoste­n im Oldenburge­r Land (von links): Gerhard Tepe und Dietmar Fangmann (beide Caritas) sowie Franz-Josef Franke und Thomas Feld (beide Diakonie)
BILD: TORSTEN VON REEKEN Untersucht­en die tatsächlic­hen Schulkoste­n im Oldenburge­r Land (von links): Gerhard Tepe und Dietmar Fangmann (beide Caritas) sowie Franz-Josef Franke und Thomas Feld (beide Diakonie)

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