Schauspiel
Gott sei Dank sind die nichtssagenden SchlüssellochBilder, fotografiert durch halb abgedunkelte Fensterscheiben diverser Besprechungszimmer, nun vorbei. Was für ein schlechtes Polit-Schauspiel. Wir Journalisten waren leider Teil dieses Schauspieles. Es soll Currywurst für die Sondierungsteilnehmer gegeben haben. Gegenüber dem Willy-Brandt-Haus, dem Verhandlungsort, sind Autos aufgebrochen worden. Das geschieht in Berlin übrigens fast 100 Mal am Tag. Das alles waren Nachrichten, die aufgrund der Nachrichtensperre veröffentlicht wurden.
Ich bin schon berufsbedingt kein Freund von Nachrichtensperren. Ich bin auch kein Fan von inszenierten Nachtsitzungen. Was soll das? Hans-Günter Weeß ist Schlafmediziner. Er sagt: „Der Schlafdruck nimmt zu, und eigentlich will man nur noch eines: ab ins Bett. Und dann stimmt man bei dem einen oder anderen Punkt vielleicht zu, den man unter Wachheit gar nicht so akzeptieren würde.“Aber selbst daran haben uns die Politiker nicht teilnehmen lassen. Ich möchte doch wissen, wie eine Partei für ihr Anliegen gekämpft hat. Wo tat es besonders weh? Was wurde zuletzt entschieden – und warum? Unter welchen Bedingungen haben CDU, CSU und SPD dieses oder jenes Ergebnis zugelassen?
Jetzt liegen 28 Seiten, aufgeschrieben in 24 Stunden, auf dem Tisch. Sollte es am Ende zur vierten Großen Koalition in der Geschichte der Bundesrepublik kommen, beweist allein schon die Art der Sondierungsgespräche das Motto der Polit-Ehe: Es gibt ein Weiter so. Schade.
@ Den Autor erreichen Sie unter Reckermann@infoautor.de