Kas Warten auf die Parlamentsarbeit
Neugewählte Abgeordnete sehnen in Berlin den Startschuss herbei
Drei Monate nach der Wahl gibt es immer noch keine neue Regierung. Für neugewählte Abgeordnete aus Niedersachsen ist also genug :eit, anzukommen.
HANNOVER – Nach einem politischen Testflug Richtung Jamaika nehmen Union und SPD in Berlin nun doch wieder Kurs auf eine große Koalition. Die neugewählten Abgeordneten haben schon mehr als ein Viertel Jahr Zeit gehabt, um in Berlin anzukommen – und aus ihrer Sicht dürfte die inhaltliche Arbeit nun auch langsam losgehen.
„Noch fühlt es sich etwas ausgebremst an“, sagt etwa Filiz Polat. Die 39-Jährige aus Bramsche wurde für die Grünen über die Landesliste in den Bundestag gewählt. Dass der Parlamentsbetrieb bisher noch nicht auf Hochtouren lief, empfand die Volkswirtin nicht als besonders schlimm. Filiz Polat
Dadurch blieb etwas mehr Zeit, sich durch die Bundestagsverwaltung durchzuarbeiten. Obwohl Polat 13 Jahre Parlamentserfahrung aus dem niedersächsischen Landtag in Hannover mitbringt, ist in Berlin vieles neu für sie.
Polat will ihren Schwerpunkt weiterhin auf Migrationspolitik legen. Die Bramscherin mit türkischen Wurzeln war fast zehn Jahre lang migrationspolitische Sprecherin der Grünen im niedersächsischen Landtag. Sie sieht sich hier in besonderer Verantwortung und merkt an Falko Mohrs
zahlreichen Zuschriften, dass das auch von vielen Migranten so empfunden wird.
Auch für den 33-Jährigen Falko Mohrs stand zunächst das Organisatorische im Mittelpunkt. „Das ist am Anfang schon ein großes Puzzle, in das man erst Ordnung bringen muss“, sagt der SPD-Politiker, der im Wahlkreis Helmstedt-Wolfsburg das Direktmandat gewann. Unter etwa 350 Bewerbungen hat er mittlerweile zwei Mitarbeiterinnen gefunden, die Erfahrung im Bundestag haben. Dass es noch keine Regierung gibt, sei Silvia Breher
keine einfache Situation, auch aufgrund der vielen internationalen Probleme. „Frankreich steht gerade ohne aktiven Partner da, wenn es darum geht, Reformvorschläge voranzutreiben“, nennt Mohrs als Beispiel. Und: „Für den Einstieg als junger Abgeordneter wären klarere Verhältnisse nach der Wahl sicher einfacher gewesen.“
Er ist zunächst in der Arbeitsgruppe für den Wirtschaftsausschuss, weil er Themen wie Digitalisierung, Existenzgründungen und Elektromobilität sehr wichtig findet. Sollte die SPD später doch einer Regierung angehören, so änderten sich dadurch nicht die Themen und Projekte, sondern die Umsetzungsund Gestaltungsmöglichkeiten.
Diese Sicht teilt auch Silvia Breher, die für die CDU den Wahlkreis CloppenburgVechta gewonnen hat. „Ich wünsche mir eine sachorientierte Politik, die unseren Wirtschaftsstandort Deutschland zukunftsfest macht, ohne dabei die soziale Sicherheit unserer Gesellschaft zu gefährden“, sagt die dreifache Mutter.
Die 44-Jährige, die für das Mandat ihren Job als Geschäftsführerin aufgab, hat für sich schon Schwerpunkte gesetzt. Ihr Flächenwahlkreis, geprägt von der Agrarwirtschaft und dem Mittelstand, sei eine – noch – prosperierende Region. Damit das so bleibe, müsse einiges geschehen: „Das beinhaltet schnelles Internet, lückenlosen Mobilfunk, aber auch eine wohnortnahe Versorgung von Kleinkindern bis zu Senioren.“