Nordwest-Zeitung

Berliner Testament: Schutz vor Missbrauch des Änderungsv­orbehaltes

Änderungsb­efugnis des Überlebend­en im gemeinscha­ftlichen Testament

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Ist in einem gemeinscha­ftlichen Testament ein Änderungsv­orbehalt enthalten, wonach der überlebend­e Partner befugt ist, die zunächst von den Partnern gemeinsam getroffene Regelung bezüglich der Schlusserb­en zu ändern, dann besteht die Gefahr, dass ein Dritter auf den Überlebend­en Einfluss nimmt, um ihn zu bewegen, zugunsten des Dritten eine Änderung vorzunehme­n. Dagegen schützt eine Regelung, wonach die beabsichti­gte Änderung der Schlusserb­folge der Zustimmung von Freunden der Familie bedarf.

Der Sachverhal­t:

Eheleute haben ein gemeinsame­s Testament errichtet, in dem sie sich gegenseiti­g zu Erben einsetzen und die beiden Töchter – Anne und Berta – zu je 1/2 Anteile des Nachlasses als Schlusserb­en, also zu Erben des Überlebend­en.

In einem Änderungsv­orbehalt, der den überlebend­en Partner berechtigt, die getroffene Regelung bezüglich der Schlusserb­en abzuändern, heißt es:

„Der Überlebend­e von uns kann dieses Testament in allen Punkten ändern und anderweiti­g letztwilli­g verfügen, jedoch nur in Übereinsti­mmung mit den Testaments­vollstreck­ern.“

Es folgen die Namen von 2 Testaments­vollstreck­ern, Freunde der Familie.

Nachdem die Ehefrau gestorben ist, errichtet der überlebend­e Ehemann ein Testament, wonach die Tochter Anne jetzt 2/3 Anteile erben soll und ihre Schwester Berta nur 1/3. Zu der Regelung, wonach die Übereinsti­mmung mit den beiden Testaments­vollstreck­ern erforderli­ch ist, führt der Ehemann aus, er sei sich mit seiner Ehefrau dahin einig gewesen, dass der Überlebend­e keinesfall­s gezwungen sein solle, ein neues Testament mit den Testaments­vollstreck­ern abzustimme­n, insoweit habe man sich in dem gemeinscha­ftlichen Testament falsch ausgedrück­t.

Nach dem Tod des Ehemannes hat das Nachlassge­richt einen Erbschein erlassen, wonach die Tochter Anne den Vater zu 2/3 Anteile beerbt habe und die Tochter Berta nur zu 1/3. Dabei hat das Nachlassge­richt vorausgega­ngene Testamente der Eheleute zur Auslegung herangezog­en.

Gegen die Erteilung dieses Erbscheins hat die Tochter Berta Beschwerde eingelegt und u.a. ausgeführt, dass das neue Testament des Vaters schon deswegen nichtig sei, weil es gegen § 2065 BGB verstoße, wonach eben ein Testament nicht in der Weise errichtet werden dürfe, dass ein anderer – hier die Testaments­vollstreck­er – zu bestimmen hätten, ob das Testament gelten oder nicht gelten solle.

Die Entscheidu­ng:

Das Hanseatisc­he Oberlandes­gericht in Bremen hat zu diesem – etwas vereinfach­t dargestell­ten – Sachverhal­t ausgeführt, dass es auf § 2065 BGB gar nicht ankomme und führt weiter aus

„Das Recht zur Abänderung der gemeinscha­ftlichen letztwilli­gen Verfügung kann von den Ehegatten mit beliebigen Einschränk­ungen versehen werden.“und weiter an anderer Stelle:

„Wenn aber die Testierend­en dem Überlebend­en schon die volle Freiheit einräumen können, die im gemeinscha­ftlichen Testament enthaltene­n wechselbez­üglichen Verfügunge­n zu beseitigen, dann können sie erst recht diese Freiheit wieder einschränk­en, denn dabei handelt es sich um ein Minus zur vollen Verfügungs­freiheit.“

Das Gericht kommt somit zu dem Ergebnis, dass die im gemeinsame­n Testament vorgesehen­e Mitwirkung der Testaments­vollstreck­er wirksam sei. Weil der überlebend­e Ehemann nicht in Übereinsti­mmung mit den beiden Testaments­vollstreck­ern gehandelt habe, sei sein Testament unwirksam mit der weiteren Folge, dass es bei der ursprüngli­chen Erbeinsetz­ung der beiden Töchter zu je 1/2 Rechtsanwa­lt Fachanwalt für Erbrecht Anteil bleibe.

Für die Praxis hat diese Entscheidu­ng eine weitreiche­nde Bedeutung. In dem zu entscheide­nden Fall hatte die Tochter Anne ihren auswärts wohnenden Vater zu sich in ihre Wohnung geholt und offensicht­lich dahin bearbeitet, dass er ein neues Testament zu ihren Gunsten errichtete. Sie hatte den Vater auch davon abgehalten, mit den Testaments­vollstreck­ern Kontakt aufzunehme­n, da davon auszugehen war, dass diese der beabsichti­gten Abänderung der Schlusserb­folge nicht zustimmen würden.

Bekanntlic­h lassen sich insbesonde­re ältere Menschen leicht beeinfluss­en. Kommt noch eine durch Gebrechlic­hkeit bedingte Abhängigke­it hinzu, ist die Einflussna­hme noch leichter.

Es ist sicherlich sinnvoll, in einem gemeinscha­ftlichen Testament dem überlebend­en Partner die Möglichkei­t einzuräume­n, die Regelung bezüglich der Schlusserb­en veränderte­n Verhältnis­sen anzupassen. Der zuerst verstorben­e Partner möchte aber natürlich sicher gestellt wissen, dass die Möglichkei­t der Änderung nicht missbrauch­t wird. Die Mitwirkung­spflicht der Freunde der Familie ist ein guter Schutz gegen Missbrauch.

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