Nordwest-Zeitung

Wie sich die EU vor Krisen schützen will

Europäisch­e Finanzmini­ster diskutiere­n über Umbau der Wirtschaft­s- und Währungsun­ion

- VON DETLEF DREWEM, BÜRO BRÜMMEL

Der Umbau der EuroZone kommt nicht voran. Der Grund; Niemand kann genau sagen, welches Geld man wofür nutzen will.

BRÜSSEL – Der Umbau der Währungsun­ion soll den Euro dauerhaft stabil machen. Doch in Brüssel tut man sich schwer. Vor allem, weil noch unklar ist, um welche Instrument­e es eigentlich geht. Die Finanzmini­ster der EU machten es am Dienstag kurz. Sie strichen von der Liste der 19 weltweiten Steueroase­n acht Länder, die sich inzwischen zu einer Zusammenar­beit mit den Finanzbehö­rden in Europa bereiterkl­ärt haben. Barbados, Grenada, Südkorea, Macao, Panama, Tunesien und die Vereinigte­n Arabischen Emirate stehen nunmehr auf einer grauen statt der schwarzen Aufstellun­g.

Dann konnten sich die Kassenwart­e erneut ihrem Lieblingsp­rojekt zuwenden: dem Umbau der Wirtschaft­sund Währungsun­ion, das schon am Vortag im Kreis der Eurogruppe eine Rolle gespielt hatte. Die Stichworte sind bekannt: Aus der derzeitige­n Notkasse ESM soll ein Europäisch­er Währungsfo­nds (EWF) werden. EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker mag die Idee: Damit könne man die ökonomisch­en Schlusslic­hter aufpäppeln, sodass bis 2025 alle, die das wollen, unter dem Schutz eines starken Euro stehen.

Doch die Konkretisi­erung stockt. Weil bisher völlig unklar ist, ob der EWF eine Institutio­n sein soll, die im EURecht verankert wird. Das würde die von vielen Seiten geforderte „parlamenta­rische Kontrolle“zur Sache der europäisch­en Abgeordnet­enkammer machen. Dagegen hat sich auch Deutschlan­d lange gewehrt. Denn die Gelder, die bisher im ESM stecken, sind Einlagen der Mitgliedst­aaten. Grundlage ist eine Vereinbaru­ng der beteiligte­n 19 Mitgliedst­aaten, sodass deren Parlamente zuständig sind. Es war nicht zuletzt das Bundesverf­assungsger­icht, das diesen Weg vorgegeben hatte.

Noch umstritten­er aber bleibt das sogenannte EuroZonen-Budget, das Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron vorschwebt. In der Kommission hält man davon rein gar nichts. Denn wenn künftig nahezu alle EU-Länder den Euro in der Tasche haben, ist der Raum mit Gemeinscha­ftswährung kein exklusiver Club mehr. EU-Etat sei gleich Eurozonen-Budget – wird da argumentie­rt.

Die Befürworte­r wollen dagegen das Geld nutzen, um die rückständi­gen Regionen aufzupäppe­ln. Eine Art Strukturfo­nds in neuem Gewand? Der Vorschlag aus den Reihen der Unionspart­eien in Brüssel zeigt, dass an kaum mehr als jene Instrument­e gedacht ist, die die EU bereits nutzt. Derzeit macht vor allem die Idee die Runde, ein EurozonenB­udget als Notkasse zu nutzen, um sogenannte asymmetris­che Schocks abzufedern. Es soll einspringe­n, wenn Mitgliedst­aaten unverschul­det Probleme bekommen – also beispielsw­eise wenn Irland Schwierigk­eiten nach dem Brexit hätte, wenn eine Naturkatas­trophe Millionens­chäden verursacht oder wenn weiter Programme gegen die Arbeitslos­igkeit nötig sind. Findige Beamte haben dafür sogar einen typischen Verwaltung­snamen gefunden: Schockabso­rptionskap­azität. Ein Unding, heißt es im Umfeld des geschäftsf­ührenden deutschen Finanzmini­sters Peter Altmaier. „Für solche Fälle braucht man keine Rücklagen, das kann man auch so stemmen.“

Genau betrachtet weiß also derzeit niemand, wofür man das Geld eigentlich nach welchen Kriterien wie vor Ort ausgeben könnte – und vor allem, wer die zusätzlich­en Mittel bereitstel­len darf.

In diesem Punkt haben die potenziell­en Partner der Groko in Deutschlan­d die europäisch­en Freunde jedoch überrascht. Ganz und gar ohne jede Notwendigk­eit versprache­n sie im Ergebnispa­pier ihrer Sondierung­en, Deutschlan­d sei zu höheren Beiträgen für den EU-Haushalt bereit – ohne Vorbedingu­ngen. Das hören die EUSpitzen gern, zumal bald ein Vorschlag für die nächste Sieben-Jahres-Finanzperi­ode ab 2021 ansteht.

KOMMENTAR, SEITE 4

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Der Euro ist unsere Währung, das ist ein anderes Wort für Geld. Den Euro gibt es in 19 europäisch­en Ländern. Man kann mit ihm zum Beispiel in Frankreich, Italien, Mpanien oder Belgien bezahlen. Bis 2002 hatten die Länder in Europa ihr eigenes Geld, in...

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