Wie sich die EU vor Krisen schützen will
Europäische Finanzminister diskutieren über Umbau der Wirtschafts- und Währungsunion
Der Umbau der EuroZone kommt nicht voran. Der Grund; Niemand kann genau sagen, welches Geld man wofür nutzen will.
BRÜSSEL – Der Umbau der Währungsunion soll den Euro dauerhaft stabil machen. Doch in Brüssel tut man sich schwer. Vor allem, weil noch unklar ist, um welche Instrumente es eigentlich geht. Die Finanzminister der EU machten es am Dienstag kurz. Sie strichen von der Liste der 19 weltweiten Steueroasen acht Länder, die sich inzwischen zu einer Zusammenarbeit mit den Finanzbehörden in Europa bereiterklärt haben. Barbados, Grenada, Südkorea, Macao, Panama, Tunesien und die Vereinigten Arabischen Emirate stehen nunmehr auf einer grauen statt der schwarzen Aufstellung.
Dann konnten sich die Kassenwarte erneut ihrem Lieblingsprojekt zuwenden: dem Umbau der Wirtschaftsund Währungsunion, das schon am Vortag im Kreis der Eurogruppe eine Rolle gespielt hatte. Die Stichworte sind bekannt: Aus der derzeitigen Notkasse ESM soll ein Europäischer Währungsfonds (EWF) werden. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mag die Idee: Damit könne man die ökonomischen Schlusslichter aufpäppeln, sodass bis 2025 alle, die das wollen, unter dem Schutz eines starken Euro stehen.
Doch die Konkretisierung stockt. Weil bisher völlig unklar ist, ob der EWF eine Institution sein soll, die im EURecht verankert wird. Das würde die von vielen Seiten geforderte „parlamentarische Kontrolle“zur Sache der europäischen Abgeordnetenkammer machen. Dagegen hat sich auch Deutschland lange gewehrt. Denn die Gelder, die bisher im ESM stecken, sind Einlagen der Mitgliedstaaten. Grundlage ist eine Vereinbarung der beteiligten 19 Mitgliedstaaten, sodass deren Parlamente zuständig sind. Es war nicht zuletzt das Bundesverfassungsgericht, das diesen Weg vorgegeben hatte.
Noch umstrittener aber bleibt das sogenannte EuroZonen-Budget, das Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vorschwebt. In der Kommission hält man davon rein gar nichts. Denn wenn künftig nahezu alle EU-Länder den Euro in der Tasche haben, ist der Raum mit Gemeinschaftswährung kein exklusiver Club mehr. EU-Etat sei gleich Eurozonen-Budget – wird da argumentiert.
Die Befürworter wollen dagegen das Geld nutzen, um die rückständigen Regionen aufzupäppeln. Eine Art Strukturfonds in neuem Gewand? Der Vorschlag aus den Reihen der Unionsparteien in Brüssel zeigt, dass an kaum mehr als jene Instrumente gedacht ist, die die EU bereits nutzt. Derzeit macht vor allem die Idee die Runde, ein EurozonenBudget als Notkasse zu nutzen, um sogenannte asymmetrische Schocks abzufedern. Es soll einspringen, wenn Mitgliedstaaten unverschuldet Probleme bekommen – also beispielsweise wenn Irland Schwierigkeiten nach dem Brexit hätte, wenn eine Naturkatastrophe Millionenschäden verursacht oder wenn weiter Programme gegen die Arbeitslosigkeit nötig sind. Findige Beamte haben dafür sogar einen typischen Verwaltungsnamen gefunden: Schockabsorptionskapazität. Ein Unding, heißt es im Umfeld des geschäftsführenden deutschen Finanzministers Peter Altmaier. „Für solche Fälle braucht man keine Rücklagen, das kann man auch so stemmen.“
Genau betrachtet weiß also derzeit niemand, wofür man das Geld eigentlich nach welchen Kriterien wie vor Ort ausgeben könnte – und vor allem, wer die zusätzlichen Mittel bereitstellen darf.
In diesem Punkt haben die potenziellen Partner der Groko in Deutschland die europäischen Freunde jedoch überrascht. Ganz und gar ohne jede Notwendigkeit versprachen sie im Ergebnispapier ihrer Sondierungen, Deutschland sei zu höheren Beiträgen für den EU-Haushalt bereit – ohne Vorbedingungen. Das hören die EUSpitzen gern, zumal bald ein Vorschlag für die nächste Sieben-Jahres-Finanzperiode ab 2021 ansteht.
KOMMENTAR, SEITE 4
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