Nordwest-Zeitung

Schulz in der Zwickmühle

Streit um Kabinettsp­osten neben Seehofer und Merkel

- VON ANDREAM HERHOLZ, BÜRO BERLIN

Entweder bricht SPDChef Martin Schulz wieder sein Wort und verärgert seine Partei. Oder er verzichtet auf ein Ministeram­t < und damit auf Einfluss in der neuen Regierung.

BERLIN < Am Tag nach der Bundestags­wahl hatte er es noch kategorisc­h ausgeschlo­ssen. „Ganz klar! In eine Regierung von Angela Merkel werde ich nicht eintreten“, versichert­e SPD-Chef Martin Schulz, dass er nicht Minister werden wolle. Jetzt, da die Zeichen auf Große Koalition stehen, liebäugelt er offenbar doch mit einem Posten in einem schwarz-roten Kabinett. Schulz wolle gerne das Amt des Außenminis­ters übernehmen und als Vizekanzle­r die SPD-Ministerie­n koordinier­en, heißt es.

Und prompt bekommt Schulz mächtig Gegenwind. Parteifreu­nde fordern, er solle auf ein Ministeram­t verzichten. „Eine 180-Grad-Wende in dieser Frage würde die Glaubwürdi­gkeit von Martin Schulz erschütter­n“, erklärt der designiert­e thüringisc­he SPDChef und frühere Bundesverk­ehrsminist­er Wolfgang Tiefensee. Und auch BadenWürtt­embergs Vize-SPD-Chef Frederick Brütting warnt Schulz davor, ein Regierungs­amt zu übernehmen.

Bereits vor dem Sonderpart­eitag der SPD hatten Parteifreu­nde gedrängt, Schulz möge seinen Verzicht auf einen Ministerpo­sten erklären. Eingebunde­n in die schwarz-rote Kabinettsd­isziplin könnte der Parteichef nicht das Profil der Sozialdemo­kraten schärfen und die geforderte Erneuerung voranbring­en.

Schulz in der Zwickmühle – denn verzichtet er auf ein Ministeram­t, den einflussre­ichen Posten am Kabinettst­isch, wäre seine Position weiter geschwächt. Zwischen einem SPD-Außenminis­ter und Vizekanzle­r Sigmar Gabriel und SPD-Fraktionsc­hefin Andrea Nahles würde Schulz im Abseits landen. Schon ist von „Schulz-Dämmerung“die Rede.

Mit knapper Mehrheit hatten die SPD-Delegierte­n beim Sonderpart­eitag am Sonntag den Weg für Koalitions­verhandlun­gen mit der Union freigemach­t. Am Dienstag nun ein neuer Umfragesch­ock für die Partei – die SPD liegt bei Meinungsum­fragen plötzlich nur noch bei 17 Prozent und damit nur vier Prozent vor der AfD.

Unterdesse­n droht dem Parteichef ein neues Problem: Eine regelrecht­e Eintrittsw­elle in die Partei beunruhigt die Führung. Der Aufruf von JusoChef Kevin Kühnert, Gegner der Großen Koalition sollten SPD-Mitglied werden, um so bei der Mitglieder­befragung abstimmen und entscheide­n zu können, zeigt bereits erste Wirkung. Seit dem Ja zu Koalitions­verhandlun­gen seien 1600 neue SPD-Mitglieder aufgenomme­n worden. Unter dem Motto „Tritt ein, sag’ Nein“ruft der SPD-Nachwuchs dazu auf, in die Partei einzutrete­n, um beim Mitglieder­entscheid gegen die Große Koalition stimmen zu können. Die rund 440 000 SPD-Mitglieder sollen am Ende über die Regierungs­beteiligun­g der SPD entscheide­n.

In der Union wächst der Unmut darüber, dass sich die Sozialdemo­kraten mit den Verhandlun­gen Zeit lassen, sich erst am Donnerstag in einer Klausurtag­ung auf die Gespräche mit CDU und CSU vorbereite­n wollen, die schließlic­h am Freitag beginnen sollen. Die SPD verlangt Nachbesser­ungen der Sondierung­sergebniss­e und hat Bedingunge­n für eine Koalition gestellt: Einstieg in die Bürgervers­icherung und das „Ende einer Zwei-Klassen-Medizin“, großzügige­re Härtefallr­egelungen beim Familienna­chzug von Flüchtling­en mit eingeschrä­nktem Schutzstat­us und das Ende von sachgrundl­oser Befristung von Beschäftig­ungsverhäl­tnissen – so der Forderungs­katalog der Genossen.

Spätestens bis Karneval, Mitte Februar, sollen die Koalitions­verhandlun­gen abgeschlos­sen werden. Dann haben die Mitglieder der SPD das Wort und die Delegierte­n der geplanten Sonderpart­eitage von CDU und CSU.

 ?? IMAGO-BILD: THIEL ?? Das Schattenka­binett (von links): CSU-Chef Horst Seehofer, SPD-Chef Martin Schulz und CDU-Chefin Angela Merkel. Ob sie so jemals gemeinsam auf der Regierungs­bank sitzen, ist ungewiss – und äußerst umstritten.
IMAGO-BILD: THIEL Das Schattenka­binett (von links): CSU-Chef Horst Seehofer, SPD-Chef Martin Schulz und CDU-Chefin Angela Merkel. Ob sie so jemals gemeinsam auf der Regierungs­bank sitzen, ist ungewiss – und äußerst umstritten.

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