Neuer Wettbewerb stößt auf Kritik
Auslosung zur Nations League an diesem Mittwoch – 55 Teams dabei
LAUSANNE – Schlicht Blödsinn oder eine neue Chance: Vor der erstmaligen Auslosung der Nations League schwankt der deutsche Fußball zwischen moderaten Tönen und scharfer Kritik.
Joachim Löw wird die Auslosung eher neugierig als skeptisch verfolgen – in der Bundesliga hingegen sind sich selbst die größten Rivalen einig. „Keiner braucht die Nations League“, wettert Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, Hans-Joachim Watzke von Borussia Dortmund assistiert: „Wir haben wahrlich genug Wettbewerbe.“
Wenn an diesem Mittwoch (12 Uhr) in Lausanne das umstrittene Milliarden-Projekt der Uefa für alle 55 europäischen Nationalmannschaften aus der Taufe gehoben wird, sind sich der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Profivereine in der Bewertung uneins. Ist die Liga belastender Unfug – oder eine neue Chance, Test-Länderspiele durch Wettbewerb zu ersetzen? „Es gibt kein einziges zusätzliches Spiel, und es gibt damit auch keine zusätzliche Belastung für unsere Nationalspieler“, sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel. Manager Oliver Bierhoff sieht die Nations League ausgewogen als Prüfstein und Experimentierfeld zugleich – und Löw? Der Bundestrainer hat eigentlich anderes im Kopf. „Für mich steht aktuell die WM in Russland im Mittelpunkt aller Planungen“, sagte er: „Sportlich wollen wir uns immer mit den Top-Teams messen, insofern hätte ich nichts dagegen, wenn wir starke Gegner bekommen.“
Die Nations League wird die bisher üblichen Test-Länderspiele nahezu nahtlos und termingetreu ersetzen. Deutschland liegt bei der Auslosung in Topf 1: Eine Gruppe mit Frankreich und den Niederlanden ist ebenso möglich wie eine mit der Schweiz und Island.
Dies ist der Anreiz für die Großen: Sie messen sich untereinander abseits von EM und WM unter Wettbewerbsbedingungen. „Der zentrale Unterschied zu Freundschaftsspielen ist: Es geht richtig um etwas“, sagt Grindel. Für die „kleinen“Nationen geht es dabei um viel: Sie können sich durch die Hintertür für die EM 2020 qualifizieren. Somit können Nationen auf die Endrunde hoffen, die sonst chancenlos gewesen wären – eine Herzensangelegenheit des früheren UefaPräsidenten Michel Platini, dem es aber auch ums Geld gegangen sein wird. Insgesamt dürfte die TV-Vermarktung des Wettbewerbs zwei Milliarden Euro einbringen.