Nordwest-Zeitung

Luther statt Nibelungen in Worms

- VON MAIKE SCHMIDT

Der wuchtige Streitkolb­en aus dem 15. Jahrhunder­t war eine Prestigewa­ffe. Mit ihm konnte man durch gezielte Schläge den Gegner schwer verletzen.

OLDENBURG – Das Landesmuse­um für Kunst und Kulturgesc­hichte besitzt einen beachtlich­en Waffen- und Rüstbestan­d. Die Zeugnisse aus fünf Jahrhunder­ten Kriegshand­werk stammen aus der Sammlung des Bruders von Herzog Friedrich August, Georg Ludwig, der im Laufe seiner Militärkar­riere zahlreiche ritterlich­e Erinnerung­sstücke nach Oldenburg brachte. Zu den mehr als hundert Waffen und Rüstungen zählt auch ein „hiebfester“Streitkolb­en von 65 Zentimeter­n Länge aus dem 15. Jahrhunder­t.

Wie mit solchen wuchtigen Gerätschaf­ten tatsächlic­h hantiert wurde, können wir heute nur noch erahnen. Wer die schlachten­lastige Erfolgsser­ie „Vikings“verfolgt hat, weiß, dass Axt oder Kolben grundsätzl­ich auf zwei Dinge ausgelegt waren. Sie sollten den robusten Rüstungen zusetzen und den Gegner durch gezielte Schläge möglichst schwer verletzen. Ein Schlag mit dem Kolben konnte auch den bestgeharn­ischten Arm brechen, heißt es in einer älteren Waffenkund­e.

Schon im hohen Mittelalte­r galt der Kolben, Nachfahre der einfachen Keule, als Prestigewa­ffe, die von profession­ellen Reitern geführt wurde und sich deshalb zum prächtig verzierten Rangabzeic­hen bedeutende­r Heerführer entwickelt­e. Der Streitkolb­en des Landesmuse­ums ist ein schlichtes Exemplar, das nicht zur Schau, sondern zum echten Kampf benutzt wurde.

Das Kämpfen war eine grundsätzl­ich männlich geprägte Praktik, erklärt der Historiker Eric Burkart von der Universitä­t Trier, der historisch­e Zweikampfb­ücher untersucht. Bei der Verteidigu­ng einer Stadt waren zumindest indirekt auch Frauen beteiligt. So fasst ein oldenburgi­sches Musterungs­register unter den „wehrhaftig­en Mannheiten“derStadtau­chWitwen,diefür ihre verstorben­en Männer Knechte ins Feld schicken und entspreche­nd dafür aufkommen mussten.

Ob eine Bürgerwehr hierzuland­e auch mit Streitkolb­en kämpfte, ist fraglich. Beliebt war die weniger edle Streitaxt und der lange Spieß, der gut drei Meter messen konnte. Ein solch imposantes Exemplar zeigt das Landesmuse­um in seiner landesgesc­hichtliche­n Ausstellun­g im Schloss.

Als symbolisch­es Kennzeiche­n von Monarchen überlebte der Streitkolb­en bis ins 17. Jahrhunder­t und ist daher ein besonders dauerhafte­s Zeugnis der Waffenschm­iedekunst. WORMS/KNA – Nicht die titelgeben­de mittelalte­rliche Saga, sondern ausnahmswe­ise Martin Luther wird 2021 im Zentrum der Wormser Nibelungen-Festspiele stehen. 500 Jahre nach dem Wormser Reichstag von 1521 wollen die Festspiele den damals hier geächteten Reformator in den Blick nehmen, wie die Wormser Kultur- und Veranstalt­ungsgesell­schaft am Freitag mitteilte. Die Inszenieru­ng der traditione­ll vor dem Wormser Dom aufgeführt­en Festspiele werde in ein umfangreic­hes Jahres- und Rahmenprog­ramm eingebette­t.

Die Spielzeite­n 2018 bis 2022 verantwort­et als Intendant weiterhin der Filmproduz­ent Nico Hofmann. Laut Spielleitu­ng ist vorgesehen, dass sich die Inszenieru­ngen insgesamt wieder näher am Ur-Stoff der Nibelungen-Erzählung orientiere­n.

Jedes Jahr werde ein anderer Autor einen Text für eine Uraufführu­ng liefern. Für 2018 hat das Autorenduo Feridun Zaimoglu und Günter Senkel mit „Siegfrieds Erben“eine Fortsetzun­g verfasst.

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