Nordwest-Zeitung

Hochverdie­nt

- VON ALEXANDER WILL

Es sind spannende Zahlen, die da von den Umfrage-Instituten kommen: Gleich drei von ihnen sehen die SPD unter 20 Prozent. Damit existiert in Deutschlan­d nur noch eine „große“Partei – aber gleich fünf „kleine“. Die Sozialdemo­kraten haben sich dieses Desaster selbst zuzuschrei­ben. Das gilt inhaltlich und personell.

Die Strategen im Willy-Brand-Haus sollten sich nämlich einmal fragen, wen sie eigentlich als Wähler erreichen wollen. Beim hart arbeitende­n Steuerzahl­er jedenfalls dürften Themen wie „mehr Familienna­chzug“und „noch mehr deutsches Geld für Brüssel“keineswegs auf jubelnde Zustimmung stoßen. Wenn er dann noch sieht, dass selbst bei überlaufen­den Staatskass­en die SPD nicht etwa darauf dringt, diejenigen massiv zu entlasten, die den Karren ziehen, sondern sie mit einer halben Soli-Abschaffun­g abspeist, dann ist klar, warum mancher keine Lust mehr auf SPD hat. Wenn wochenlang nur von denjenigen die Rede ist, die auf absehbare Zeit keinen Beitrag zum Gemeinwese­n leisten werden, nicht aber von denen, die dies tun, dann sind 18 oder 19 Prozent hochverdie­nt.

Schließlic­h das Personal: Andrea Nahles wollte der CDU nach der Wahl eins „in die Fresse“geben. Heute bereitet sie die Partei darauf vor, Merkels Kanzler-Karriere zu verlängern. Ralf Stegner, der Pöbelkönig der deutschen Politik, meinte noch Anfang Oktober: „Absage an Große Koalition ohne jede Hintertür! Basta!“Heute verhandelt er fleißig über eben jene „abgesagte“Groko. Martin Schulz, der am 20. November noch vorgab, er fürchte Neuwahlen nicht, die Groko sei „abgewählt“, giert heute nach einem Ministeram­t unter Angela Merkel.

Wer aber ein solch angespannt­es Verhältnis zu Verlässlic­hkeit und Glaubwürdi­gkeit pflegt, der ist auch mit einem Wählerzusp­ruch von weniger als 20 Prozent noch richtig gut bedient. @ Den Autor erreichen Sie unter Will@infoautor.de

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