Nordwest-Zeitung

Autoherste­ller sollen umdenken

Kritik an Affen-Versuchen dauert an – Uni-Klinik Aachen verteidigt Tests an Menschen

- VON SASCHA MEYER UND ELKE SILBERER

Das Thema beschäftig­te auch den Bundestag. Es hagelte Kritik von allen Fraktionen.

BERLIN – Der geschäftsf­ührende Bundesverk­ehrsminist­er Christian Schmidt hat DieselAbga­sversuche mit Affen scharf verurteilt und die deutschen Autobauer zu absoluter Offenheit aufgeforde­rt. Die Tests „allein zu PR-Zwecken zur Reinwaschu­ng von Dieselmoto­ren“seien eine „absolut inakzeptab­le ethische Entgleisun­g“, sagte der CSU-Politiker am Freitag im Bundestag. „Ich kann den Unternehme­n nur dringend raten, schleunigs­t die Trendwende einzuleite­n und das verloren gegangene Vertrauen durch Transparen­z wieder zurückzuge­winnen.“Nötig seien Aufklärung „und ein großes Umdenken in der Unternehme­nskultur“.

Eine von VW, Daimler und BMW finanziert­e Lobby-Initiative hatte die umstritten­en Tests mit Affen in Auftrag gegeben. Sie förderte auch eine Studie der Universitä­t Aachen zur Stickstoff­dioxid-Belastung am Arbeitspla­tz – Probanden waren 25 Menschen.

Das Universitä­tsklinikum Aachen hat diese kritisiert­en Stickstoff­dioxid-Tests an Menschen als unabhängig­e Studie für die Arbeitsmed­izin verteidigt. Die Lobbyorgan­isation von Autobauern, EUGT, habe die experiment­ellen Untersuchu­ngen zwar gefördert, aber keine Bedingunge­n daran geknüpft, teilte das Universitä­tsklinikum am Freitag mit. Die Forscher hätten wissenscha­ftlich sauber, „höchstwert­ig“und korrekt gehandelt, sagte der Leiter des Instituts für Arbeits-, Sozialund Umweltmedi­zin, Thomas Kraus.

„Wir hatten damals überhaupt nicht den Eindruck, dass die EUGT damit Schindlude­r treiben wird“, sagte Kraus bei der Vorstellun­g eines Berichts, den das nordrhein-westfälisc­he Wissenscha­ftsministe­rium zu dem Vorgang angeforder­t hatte. Es sei nicht absehbar gewesen, dass der mittlerwei­le aufgelöste Lobby-Verein einen Zusammenha­ng zwischen ihrer Studie und gesundheit­lichen Folgen durch Dieselscha­dstoffe herstellen würde. In der Studie sei es lediglich um den Schadstoff NO2 gegangen.

Grünen-Fraktionsv­ize Oliver Krischer warf im Bundestag der Autoindust­rie „Tricksen und Betrügen“vor. Die Regierung sitze das AbgasProbl­em systematis­ch aus.

Die FDP-Abgeordnet­e Judith Skudelny kritisiert­e das Agieren des VW-Konzerns, der seit Bekanntwer­den des Abgasskand­als 2015 nach wie vor nicht zu absoluter Offenheit bereit sei. Detlev Spangenber­g (AfD) wandte sich gegen „undifferen­zierte“Kritik und betonte, die Versuche in Aachen bewegten sich innerhalb geltenden Rechts. Die Linke-Abgeordnet­e Ingrid Remmers hielt Autobranch­e und Regierung unerträgli­che Ignoranz im Umgang mit Abgas-Grenzwertv­erstößen vor.

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