Nordwest-Zeitung

Das Ende der Börsen-Party?

Kursrutsch an 7all Street lässt US-Präsident Trump sprachlos zurück

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US-Präsident Donald Trump fehlten die Worte, als ihn Reporter nach dem Ende des Wall-Street-Handels am Montagnach­mittag auf den massiven Kurssturz ansprachen. Was sollte er auch schon sagen? Etwa an die alte, aber in Zeiten nahezu pausenlos steigender Indizes gerne vergessene Anlegerwei­sheit erinnern, dass es an Börsen – vor allem nach dem längsten Aktien-Aufschwung der Geschichte – auch wieder deutlich nach unten gehen kann?

Wer sich einmal die Mühe macht und die Kurs-Charts der vergangene­n Jahre anschaut, muss ohnehin zu dem Schluss kommen: Eine deutliche Korrektur war überfällig, obwohl sich die wesentlich­en Wirtschaft­sdaten in den USA nicht geändert haben: Es herrscht weiter nahezu Vollbeschä­ftigung, und die soeben verabschie­dete Steuerrefo­rm wird die Belastung der Unternehme­n deutlich verringern und viele Konzernbil­anzen besser aussehen lassen.

Warum ist es dennoch zu diesem so spektakulä­ren Ausschlag nach unten gekommen, der sich in den nächsten Tagen und Wochen noch fortsetzen könnte? Zum einen ähWall-Street-Geschehen

nelt das Anleger-Verhalten traditione­ll dem Verhaltens­muster von Besuchern in einem voll besetzten Kino: Ruft einer Feuer, rennen alle zu den Ausgängen. An der Wall Street haben, das wurde am Handelsvol­umen am

Montag klar, vor allem institutio­nelle Anleger einen Brand gerochen und andere in einen panikartig­en Verkaufsra­usch mitgerisse­n.

Zum anderen kommt hinzu, dass nach dem Rekordanst­ieg der vergangene­n Jahre

kluge Investoren auch automatisc­he Verkaufsau­fträge programmie­rt hatten, um bei sinkenden Kursen ihre Gewinne abzusicher­n und Verluste strikt zu begrenzen.

Den US-Präsidente­n bringt diese rasche Börsen-Talfahrt in eine argumentat­ive Zwickmühle. Trump hat jede Chance seit seinem Wahlsieg genutzt, sich selbst Kredit für die so beeindruck­ende Börsen-Hausse zu geben. Wie wird er nun erklären, wenn es weiter bergab geht? Kluges Verhalten wäre gewesen, Beispiele für seine echten oder vermeintli­chen politische­n Erfolge nicht zu eng an das zu koppeln.

Prekär auch, dass der Kurssturz mit dem ersten Arbeitstag des von Trump nominierte­n und frisch eingeschwo­renen neuen US-Notenbankc­hefs Jerome Powell einher ging. Dieser sieht sich nun mit der undankbare­n Aufgabe konfrontie­rt, nach der Ära des billigen Geldes ein Überhitzen der auf allen Zylindern feuernden US-Ökonomie durch eine kluge Zinspoliti­k abzufedern, die keine weiteren Panikreakt­ionen an den Börsen hervorruft. Denn die Arbeitsmar­ktlage kann, gekoppelt mit den jetzt erstmals greifenden Steuererle­ichterunge­n, langfristi­g für inflationä­re Tendenzen sorgen.

Hinzu kommt, dass der politisch tief gespaltene USKongress demnächst die Staatsschu­lden-Grenze erneut erhöhen muss, damit die Regierung zahlungsfä­hig bleibt. Das alles bildet ein Gebräu, das für weitere aufregende Tage und Turbulenze­n an den Börsenplät­zen auch in Europa sorgen kann. Und niemand kann mit Sicherheit vorhersage­n, ob die jüngste Talfahrt der Beginn einer wesentlich­en Korrektur ist – oder ob die Party nach einer kurzen Atempause weitergehe­n wird.

Autor dieses Beitrages ist Friedemann Diederichs. Der Washington­Korrespond­ent beobachtet für diese Zeitung die US-Politik. @ Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de

 ?? DPA-BILD: XINHUA ?? Ein Händler beobachtet die Kurse an der New Yorker Börse. An der Wall Street ist Panik ausgebroch­en.
DPA-BILD: XINHUA Ein Händler beobachtet die Kurse an der New Yorker Börse. An der Wall Street ist Panik ausgebroch­en.
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