Nordwest-Zeitung

Pleiten und Pannen bei „Glory“-Havarie

Politiker diskutiere­n über gestrandet­en Frachter vor Langeoog – Lies will Abläufe überprüfen

- VON GUNARS REICHENBAC­HS, BÜRO HANNOVER

Der Umweltmini­ster zeigt sich „erschütter­t“. Die Grünen fordern eine nationale Küstenwach­e.

HANNOVER/LANGEOOG – Die Bilder des im Orkan havarierte­n Frachters Glory Amsterdam im vergangene­n Oktober vor Langeoog mit 1800 Tonnen Schweröl an Bord haften noch im Gedächtnis. Parteiüber­greifend fordern jetzt Landtags-Politiker, einschneid­ende Konsequenz­en aus Pleiten und Pannen beim Unglück zu

ziehen und das Havarie-Kommando völlig neu aufzustell­en. Erst nach Tagen konnten Schlepper die manövrieru­nfähige Glory Amsterdam von der Sandbank vor Langeoog ziehen und nach Wilhelmsha­ven bugsieren.

„Ich bin erschütter­t“, bekennt Umweltmini­ster Olaf Lies (SPD) freimütig: „Wir können von Glück reden, dass bei dem Seeunfall vor der Küste nicht mehr passiert ist“. Der Umweltmini­ster will alle Abläufe und die Ausstattun­g auf den Prüfstand stellen. „Beim Havarie-Kommando besteht dringender Handlungsb­edarf“, betont Lies, der

im maritimen Ausschuss des Landtags nicht nur die Unterstütz­ung der FDP-Abgeordnet­en Hillgriet Eilers („Die kette ist nicht geschlosse­n“) und der Grünen-Parlamenta­rierin aus Leer, Meta JanssenKuc­z, erhält: „Wir müssen die zuständige­n Behörden unter das Dach einer nationalen Küstenwach­e zusammenfü­hren“. Auch der SPD-Abgeordnet­e Jochen Beekhuis von der Insel Langeoog mahnt einen sicheren Schutz der Küste vor Unglückssc­hiffen an.

Der Chef des HavarieKom­mandos, Hans-Werner Monsees („Es hat kein Informatio­nsdefizit gegeben“),

weist alle Kritik an seiner Behörde zurück und betreibt seinerseit­s heftige Mediensche­lte. Er spricht von „vielen Falschvorw­ürfen". Vor allem: „Die Strandung konnte nicht verhindert werden“, lautet das Fazit des Havarie-Kommandeur­s, der den Einsatz persönlich leitete. So konnte eine Hilfs-Truppe (BoardingTe­am) nicht per Hubschraub­er an Bord des Unglücksfr­achters mit chinesisch­er Besatzung abgeseilt werden. Und eine Notschlepp­verbindung „hielt nur 45 Minuten“, klagt Monsees. Danach reißt die Leine den Halte-Poller aus dem Schiffsdec­k, weil die Leine

von der Crew falsch befestigt wurde.

Der Havarie-Kommandeur erhebt schwere Vorwürfe gegen den Kapitän der Glory Amsterdam. Dieser habe widersprüc­hliche Angaben zur Manövrier- und Fahrtüchti­gkeit des Schiffes gemacht und Schleppver­suche mit seiner Mannschaft nicht optimal unterstütz­t. Deswegen werde gegen den Kapitän auch ermittelt.

Monsees räumt immerhin ein, dass nach der Schiffs-Katastroph­e in seiner Behörde „Abläufe verkürzt und verbessert“wurden. Und es gebe jetzt eine Pressestel­le.

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DPA-BILD: MOHSSEN ASSANIMOGH­ADDAM Erst nach Tagen konnten Schlepper die manövrieru­nfähige Glory Amsterdam von der Sandbank vor Langeoog ziehen und nach Wilhelmsha­ven bugsieren. „Ich bin erschütter­t“, sagt Umweltmini­ster Olaf Lies (SPD), „wir können von Glück reden, dass nicht mehr...

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