Nordwest-Zeitung

Abschied von einem Chronisten der Deutschen

7rauer um Fotograf ;tefan Moses – Zahlreiche Prominente mit Kamera porträtier­t

- VON REINHARD TSCHAPKE

MÜNCHEN – Das Lebensthem­a von Stefan Moses, der jetzt im Alter von 89 Jahren in München gestorben ist, waren die Deutschen. Das ist nicht selbstvers­tändlich für den Sohn eines jüdischen Vaters, der 1928 im schlesisch­en Liegnitz geboren wurde, mit acht Jahren erstmals fotografie­rte und die Schule wegen seiner Herkunft abbrechen musste, als Zwangsarbe­iter im Lager schuftete, nach 1945 über die Theater- und Szenenfoto­grafie bei der Defa das wurde, was ihn später berühmt machte: Bildjourna­list für Magazine und Zeitungen, deren Titel sich lesen wie das

„WhoSs who“des deutschen Journalism­us: „Spiegel“, „Zeit“, „Stern“.

„Stern“-Chef Henri Rannen

wollte Moses in Deutschlan­d und ausdrückli­ch nicht im Ausland haben. Moses hat regelrecht Reportagen durch Bilderstre­cken geliefert. Er hat berühmte Bilder mit Willy Brandt und Ingeborg Bachmann geschaffen oder die Werke aus der Serie mit dem Schneiders­piegel („der war von C&A!“).

Adorno, Bloch oder Loriot – er drückte auf den Auslöser. Gleich nach 1989 hat er das Thema Ost-West aufgegriff­en, mit einem grauen Filztuch als Fotohinter­grund im Koffer reiste er durch die Lande, knipste Heiner Müller vorm Plattenbau. Irgendwann kam Moses auf die Idee, berühmte Deutsche im Wald zu porträtier­en, darunter den muffigen Politiker Herbert Wehner.

Moses war, man mag es kaum glauben, eher schüchtern. Und wie brachte er die Leute zum Lächeln und Stillhalte­n? Der Mann war ein Magier, und konnte dann doch auf Menschen zugehen, sie für sich einnehmen.

Prominente empfanden es als Ehre, von ihm porträtier­t zu werden. Dabei hat sich Moses nie als abgehobene­n Künstler gesehen. Und anders als viele andere Fotografen glaubte Moses nicht an den einzigen Augenblick. Kleine poetische Geschichte­n entstanden so mitunter aus seinen Sequenzen, wie die berühmte vom Kind „Manuel“.

Die Bilder von Moses haben sich längst ins deutsche Gedächtnis eingeprägt. Da werden sie auch bleiben.

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BILD: DPA Ihn fotografie­rte er auch: Stefan Moses (links) im Jahr 2003 mit Gerhard Schröder (SPD) vor Moses-Fotos in Berlin

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