Smartphones am Steuer führen häufig zu Unfällen
25-jährige Autofahrerin nach tödlichem Unfall zu Bewährungsstrafe verurteilt
HANNOVER – Mails lesen, Nachrichten tippen, telefonieren – mehr als die Hälfte der Autofahrer nutzen nach Angaben von Verkehrsexperten ihr Smartphone auch im Auto. Doch die Ablenkung am Steuer kann fatale Folgen haben und Leben zerstören. Vor dem Amtsgericht Hannover stand am Donnerstag eine 25Jährige, die wegen eines aufwühlenden Gesprächs mit ihrem Freund am Handy eine rote Ampel übersah und einen 67-jährigen Radfahrer tödlich verletzte.
Richterin Monika Pinski verurteilte die 25-Jährige nach der Vernehmung von neun Zeugen und zwei Sachverständigen zu einer 14-monatigen Bewährungsstrafe. Zudem muss die Zahnarzthelferin für ein Jahr ihren Führerschein abgeben und eine Geldbuße von 3600 Euro zahlen. „Die Verurteilung beruht weitestgehen auf dem Geständnis der Angeklagten“, betonte die Richterin. In ähnlich gelagerten Fällen versuchten Autofahrer häufig, sich herauszureden oder eine Teilschuld dem Opfer zu geben. Die junge Frau sagte dagegen: „Ich weiß heute, dass ich das Telefongespräch hätte unterbrechen oder anhalten müssen.“Ihr Verteidiger gab
zu bedenken: „Nicht nur das illegale Telefonieren mit dem Handy ist eine Gefahr, auch das legale Telefonieren im Auto.“Seine Mandantin habe mit einem Headset telefoniert. Wie ein Gutachter schilderte, war die Ampel an der Straße in Langenhagen bei Hannover bereits mindestens vier Sekunden rot, als die Frau auf die Kreuzung fuhr und den Rentner erfasste.
„Das Unfallaufkommen steigt durch die Handy-Benutzung, ganz gleich ob als Autofahrer,
Radfahrer oder Fußgänger“, sagt Reinhard Spörer vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club. Wie viele Unfälle tatsächlich durch Smartphones am Steuer verursacht werden, ist unbekannt.
In Niedersachsen läuft seit 2014 die Präventionskampagne „Tippen tötet“, denn auch das Nachrichtenlesen und Schreiben ist lebensgefährlich. Bei Tempo 50 bedeutet ein fünf Sekunden kurzer Blick aufs Handy 70 Meter Blindflug über die Straße.
Das Land startete im Januar zudem eine Studie, um der Ablenkung durch Handys im Straßenverkehr auf den Grund zu gehen und weitere Präventionsansätze zu finden. Ein Jahr lang werden in den Polizeidirektionen Braunschweig, Hannover und Osnabrück Verkehrsunfälle detailliert analysiert, bei denen Ablenkung als Unfallursache vermutet wird. Beteiligt sind auch Unfallforscher der TU Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover.
In der Praxis sei es laut Innenministerium äußerst schwierig, bei der Unfallaufnahme beweiskräftig festzustellen, ob das Benutzen eines Handys die Unfallursache war.
Im Fall des getöteten Radfahrers hatte die Angeklagte mehr als elf Minuten telefoniert, als der Unfall passierte. Zunächst hatte die Frau versucht, das Telefonat zu löschen, es wurde aber rekonstruiert. Diesen Versuch bereue sie ebenfalls zutiefst, sagte sie unter Tränen vor Gericht.