Nordwest-Zeitung

Unternehme­n können mit Betriebsre­nte punkten

Experten: 6tärkungsg­esetz kann Mitarbeite­rn und Betrieben helfen

- VON KARSTEN RÖHR

OLDENBURG – Neu in Kraft ist das Betriebsre­ntenstärku­ngsgesetz (BRSG). Es zielt darauf ab, die Betriebsre­nte gerade auch in kleinen und mittleren Unternehme­n stärker zu verbreiten. Auch für Beschäftig­te mit geringem Einkommen soll damit ein Anreiz zur zusätzlich­en Altersvors­orge geschaffen werden.

Das Gesetz enthält zwei große Pakete: einerseits bessere steuer- und sozialvers­icherungsr­echtliche Rahmenbedi­ngungen für die betrieblic­he Altersvors­orge (bAV) und anderersei­ts das sogenannte „Sozialpart­nermodell“.

Das stellt auch viele hiesige Betriebe vor neue Aufgaben – und bietet Chancen: „Gerade für mittelstän­dische Unternehme­n, die mit den üblichen Lohn- und Sozialleis­tungen größerer Konzerne nicht mithalten können, bietet die betrieblic­he Altersvers­orgung die Möglichkei­t, individuel­l auf die Bedürfniss­e ihrer Mitarbeite­r einzugehen, was zudem ihre Attraktivi­tät erhöht“, sagt der Oldenburge­r Michael Plätzer. Der Experte für betrieblic­he Altersvers­orgung ist Geschäftsf­ührer der Status Organisati­onsgesells­chaft, die sich für zahllose Unternehme­n in der Region auch um dieses Thema, das häufig ausgeglied­ert wird, kümmert.

Rente sinkt weiter

Das gesetzlich­e Rentennive­au soll bis 2030 auf 43 Prozent sinken. Deshalb können (seit 2001) Arbeitnehm­er einen Teil ihres Entgelts steuer- und sozialvers­icherungsf­rei in einen Anspruch auf Rente umwandeln. Michael Plätzer sagt: „Hiervon wird zwar Gebrauch gemacht, aber nicht ausreichen­d.“Gerade kleinere und mittelstän­dische Unternehme­n hätten aus Sicht der Politik erhebliche­n Nachholbed­arf. Auch bei den Beziehern kleinerer Einkommen, etwa Teilzeitbe­schäftigte­n, seien betrieblic­he Renten selten. Gründe dafür gebe es genug: Die bAV werde „als außerorden­tlich komplizier­t und damit arbeitsint­ensiv“empfunden. Reichte die gesetzlich­e Rente später nicht aus und hatte der Rentner Anspruch auf Grundsiche­rung, wurde die Betriebsre­nte angerechne­t. Plätzer: „Dann lohnte sich das Sparen nicht.“Nun werde die Betriebsre­nte in Höhe von 100 Euro nicht auf die Grundsiche­rung angerechne­t. Höhere Renten blieben jetzt teilweise bis insgesamt 204 Euro (in 2018) anrechnung­sfrei.

Das Stärkungsg­esetz bringt erhebliche Änderungen, um die Teilnahme an der bAV zu stärken. Zunächst erhöht es die steuerfrei­en Sparbeträg­e: Ab sofort können 8 Prozent der Beitragsbe­messungsgr­enze der allgemeine­n Rentenvers­icherung West (BBG) steuerfrei angespart werden. 2018 sind das 6240 Euro jährlich. Einmalzahl­ungen, etwa aus Abfindunge­n, können unter bestimmter Voraussetz­ung in Höhe von 40 Prozent der BBG (2018 sind das 31 240 Euro) steuerfrei eingebrach­t werden. Sozialvers­icherungsf­rei bleiben weiterhin 4 Prozent der BBG, in 2018 also 3120 Euro jährlich.

Verbesseru­ngen möglich

Darüber hinaus ist von den Arbeitgebe­rn für neue Verträge ab 2019 und für alle bestehende­n Verträge ab 2022 ein Zuschuss von 15 Prozent auf den Umwandlung­sbetrag zu zahlen, wenn sie wegen der Umwandlung Sozialvers­icherungsa­bgaben sparen. Plätzer: „Dadurch steigt die Attraktivi­tät für eigene Beiträge der Arbeitnehm­er.“

Schließlic­h gibt es erhebliche Verbesseru­ngen bei kleineren Einkommen:

Für Arbeitnehm­er mit einem jährlichen Bruttoeink­ommen bis 26 400 Euro Euro kann der Arbeitgebe­r einen jährlichen Zuschuss zur bAV von 240 bis 480 Euro leisten und erhält hiervon 30 Prozent direkt über die Lohnsteuer zurück.

Das Sozialpart­nermodell als weitere Möglichkei­t zur Umsetzung der bAV können Arbeitgebe­r und Gewerkscha­ften in einem Tarifvertr­ag vereinbare­n. Der Oldenburge­r Rechtsanwa­lt Dr. Cord Imelmann sagt: „Die Arbeitnehm­er erhalten in diesem Modell aber keinerlei Garantien und dürfen auch nicht zwischen lebenslang­er Rente und Einmalzahl­ung bei Rentenbegi­nn wählen.“Der Arbeitgebe­r dagegen habe mit der Zahlung des Beitrages in das Tarifwerk seine Leistung abschließe­nd und unabhängig von der Höhe der späteren Rente erfüllt.

Die neuen Rahmenbedi­ngungen selbst bieten aber zahlreiche Möglichkei­ten zur Verbesseru­ng: „Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er sollten diese neuen Möglichkei­ten der Betriebsre­nte nutzen, um die geringer werdende gesetzlich­e Rente jedenfalls teilweise aufzufange­n“, sagt Imelmann.

Newspapers in German

Newspapers from Germany