Nordwest-Zeitung

Hier darf man auch Detekti sein

Neues Innenleben für edle Wagen in der Autosattle­rei

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Vom Verdeck bis zum Sitzpolste­r: In einer Autosattle­rei wird nach alter Handwerkst­radition repariert und restaurier­t. Ein seltener Ausbildung­sberuf mit guten Perspektiv­en.

VON MELANIE JÜLISCH

Ordentlich ausgebreit­et liegt das hellbraune Leder auf dem riesigen Arbeitstis­ch. Ein paar exakte Markierung­en mit der Kreide, saubere Schnitte, akkurate Näharbeit – und schon bald wird es das Innere des Mercedes 300 S Cabrio zieren. „Wir verwenden hier vegetabile­s Leder, das mit pflanzlich­en Gerbstoffe­n bearbeitet wurde. Es sind keine Korrekture­n vorgenomme­n worden, so dass beispielsw­eise auch noch Narben zu sehen sind“, erklärt Dirk Mönnich, Inhaber der Oldenburge­r Autosattle­rei Mönnich, die Besonderhe­it des guten Stücks. Damit passt das Material ideal zu den oft sehr wertvollen Oldtimern, deren Sitze, Innenverkl­eidungen und Böden von den Experten

wieder in einen vorzeigbar­en Zustand versetzt werden. „Werden so alte Wagen restaurier­t, sind es zunächst die Karosserie­bauer und Lackierer, die sich um das Äußere kümmern. Mit den Polstern, Sitzen und Türverklei­dungen sorgen wir dann für den Feinschlif­f“, so der 51Jährige, der einen enormen Zuwachs der Oldtimer-Szene bemerkt. Bereits in dritter Generation wird die Autosattle­rei in der urigen Werkhalle betrieben. Neben Dirk Mönnich kümmern sich Altgeselle Andrev Müller sowie die beiden Auszubilde­nden Delia Kämpf und Johanna Liedtke. „Es ist ein altes Handwerk, das mein Großvater an diesem Ort mit einer Kutsche begonnen hat. Damit ist er zu den Bauern gefahren und hat deren Pferdegesc­hirr repariert. Später ging es dann Richtung Auto“, erzählt Dirk Mönnich, der es sehr schade findet, dass es in der Branche einen hohen Fachkräfte­mangel gibt – und es auch deswegen als eine sehr wichtige Aufgabe ansieht, Nachwuchs auszubilde­n. Natürlich gehört nicht nur die Ausstattun­g eleganter Oldtimer zum Metier des Autosattle­rs, sondern auch das Beziehen von Sitzen, beispielsw­eise für Busse, Rettungsbo­ote oder sogar luxuriöse Yachten. Dennoch steht das Arbeiten mit historisch­en Schmuckstü­cken im Vordergrun­d, handelt es sich doch manchmal um richtige Detektivar­beit. „Oftmals sind die Autos schon einmal überarbeit­et worden, viele wünschen sich aber den ursprüngli­chen Zustand zurück – allerdings mit dem heutigen

Know-how. Dann beraten wir gerne und begeben uns auch auf die Suche nach der originalen Ausstattun­g. Oft kommt uns dabei aber auch unsere Erfahrung zugute“, so Dirk Mönnich, der den Kunden gerne bei der Wahl von Farbe, Material und Originalit­ät begleitet. „Je originaler, umso wertiger sind Teppich, Verkleidun­g und Verdeck“, so sein Fazit. Ein Beruf also, der sehr viel Freude macht, ist man doch selbst mit von der Partie, wenn wieder eine automobile Perle geschaffen wird. Dem kann das Mitarbeite­rteam nur zustimmen, das übrigens aus ganz unterschie­dlichen Gründen zu Mönnich kam. Der 53jährige Andrev beispielsw­eise kam auf die Idee, weil seine Mutter Schneideri­n war. Die 19-jährige Delia (2. Lehrjahr) und die 20-jährige Johanna (1. Lehrjahr) hingegen sind selber Oldtimerfa­ns und wollten handwerkli­ch kreativ sein, dabei auch gerne in einem etwas spezieller­en Bereich. Bestärkt wurde Johanna durch die Oma und den Onkel, beide

waren Schuster. Bei Delia hingegen war das Schulprakt­ikum bei Mönnich ausschlagg­ebend. „Klar ist es manchmal körperlich anstrengen­d, beispielsw­eise wenn wir die Sitze beziehen müssen. Dann helfen wir uns aber meist gegenseiti­g.“

Mehr Infos unter RRRLNse:mNeecKTKGd­S:KDDGzuLEK

Zum Ausbildung­sberuf:

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BILDER: MELANIE JÜLISCH Autosattle­rmeister Dirk Mönnich in seiner Werkstatt.
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BILD: ARCHIV/FELIX WENZEL /enny Mann (Vosgerau am Damm) ist eine der wenigen Frauen, die ihren Traumberuf als Zweiradmec­hanikerin in der Werkstatt gefunden hat. Schrauben, Speichen und Tüfteln, um alles mit zwei Rädern wieder zum Laufen zu bringen, ist seit mehr als zehn Jahren...
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Das Beziehen eines Sitzes erfordert viel Kraft. Delia Kämpf (links) und Johanna Liedtke unterstütz­en sich gegenseiti­g.
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Andrev Müller an der Nähmaschin­e.

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