Nordwest-Zeitung

Ein Super-Innen-Heimat-Bau-Ressort

CSU-Chef Horst Seehofer will das Innenminis­terium auf eigenwilli­ge Weise umbauen

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BERLIN – Im Bundesinne­nministeri­um stehen große Umbrüche bevor. Wenn die Große Koalition kommt, übernimmt die CSU das Schlüsselr­essort – und baut es aus zu einem neuen Superminis­terium für Parteichef Horst Seehofer. Jenes Ressort also, das ohnehin schon mit die umfangreic­hste Themenpale­tte in der Bundesregi­erung hat, soll sich künftig auch noch um Bauen, Wohnen und Heimat kümmern. Wie genau das funktionie­ren soll, ist offen.

Neben den übergroßen Blöcken Migration und Sicherheit ist das Haus zuständig für jede Menge anderer Themen: von Datenschut­z, Demografie und Integratio­n über E-Government, Cybersiche­rheit, Katastroph­enschutz und öffentlich­en Dienst bis zu Sport und Religion. Sogar Protokolla­ufgaben für die Regierung gehören dazu. Der bisherige Ressortche­f, Thomas de Maizière (CDU), sagte mal, es sei eine Herausford­erung, da den Überblick zu behalten.

Für Seehofer hingegen darf es noch ein bisschen mehr sein. Im Innenresso­rt sorgt das für Ratlosigke­it. Dort fragt sich mancher, was die Wohnungspo­litik mit dem Inneren zu tun hat. Und welche Aufgaben genau ein Heimatmini­sterium haben soll. Seehofer klagt, viele dächten, es gehe bei Heimat „um Lederhosen und Dirndl“. Ja, darum gehe es auch, um die Kultur. Aber vor allem um gleichwert­ige Lebensbedi­ngungen, um die Entwicklun­g von Dörfern und Städten, verbunden mit Wohnungsba­u.

In Bayern ist das Thema Bauen tatsächlic­h beim Innenresso­rt angesiedel­t, im Bund ist dafür bislang das Umweltmini­sterium zuständig. Werden in Zukunft also die Bau-Referate von dort ans Innenminis­terium angedockt? Und wenn ja, wo sollen Heimatmini­ster in spe: Horst Seehofer in Berlin die Beamten hin? Alles offen. Der Platz im Innenminis­terium reicht für die bisherige Mannschaft schon nicht.

Kritiker spotten, der CSU sei es nur darum gegangen, ein Super-Ministeriu­m zusammenzu­basteln – mit etwas Volksnähe und dem Zugriff auf Haushaltsm­ittel zum Verteilen. Seehofer selbst spricht von einer „Mission“. Ihn reize es, für Wohnungen und sichere Mieten „vor allem für die kleinen Leute“zu sorgen, für Sicherheit in ganz Deutschlan­d und für „beste Lebensbedi­ngungen“dort, wo die Menschen verwurzelt seien. Und er verkündet, eigentlich habe die CSU das Finanzmini­sterium haben wollen – alternativ das Außen- oder das Arbeitsmin­isterium. Alle drei gingen an die SPD. Das Innenresso­rt ist für Seehofer also vierte Wahl.

Das macht den Führungswe­chsel für de Maizière umso bitterer. Der CDU-Mann kommentier­te den Umbau nur knapp. „Ein Ministeram­t ist immer ein Amt auf Zeit. Das war mir immer bewusst.“Seinem Nachfolger wünsche er alles Gute. Kanzlerin Angela Merkel hat de Maizière geopfert, um überhaupt eine Koalition zustande zu bekommen.

Mit Seehofer holt sich Merkel nun den schärfsten Kritiker ihrer Flüchtling­spolitik ins Innenminis­terium. Mit ihm dürfte die Asylpoliti­k noch restriktiv­er werden.

Die Linke-Innenexper­tin Ulla Jelpke sagt, sie befürchte „noch mehr Entrechtun­g, noch mehr Abschrecku­ng und mehr Abschiebew­illkür als ohnehin schon“. Und: „Der Ton wird schärfer werden.“

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DPA-BILD: HILSE

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