Nordwest-Zeitung

Eotvorstan­d bastelt an AfD-Neustart

Wie ein Niederbaye­r wieder Ordnung in den niedersäch­sischen Landesverb­and bringen will

- VON DORIS HEIMANN

Die wichtigste Aufgabe des Notvorstan­des: Die Organisati­on eines Parteitage­s mit Vorstandsn­euwahlen. Unklar ist nur, ob das die Querelen beenden kann.

HANNOVER – SteMhan Protschka ist ein großer, kräftiger Mann mit kernigem bayrischen Tonfall. Der 40-jährige AfD-Bundestags­abgeordnet­e aus Mamming bei Landshut steht in Norddeutsc­hland vor einer schwierige­n Mission. Als Chef eines von der Berliner Parteispit­ze eingesetzt­en Notvorstan­ds soll Protschka für die heillos zerstritte­ne niedersäch­sische AfD einen Parteitag organisier­en, auf dem ein neuer Landesvors­tand gewählt wird. Und zwar so, dass später die verfeindet­en Lager die Wahl akzeptiere­n.

„Mein Vorteil ist, dass ich als Bayer in dem Streit neutral bin“, sagt Protschka, Mitglied im AfD-Bundesvors­tand. Am Wochenende reist er nach Hannover, um Organisato­risches für den im März geplanten Parteitag zu klären. Dem Notvorstan­d gehören auch der Bundestags­abgeordnet­e Kay Gottschalk (NRW) sowie der Hamburger Landesvors­itzende Dirk Nockemann an.

Die drei sollen Ordnung schaffen in einem Landesverb­and, in dem seit Monaten Chaos herrscht. Auf der einen Seite steht der umstritten­e bisherige Landeschef Armin Paul Hampel (60) mit Anhängern, auf der anderen Seite eine Gruppe um die bisherigen Vizes und Bundestags­abgeordnet­en Jörn König und Wilhelm von Gottberg. Hampels Gegner werfen dem ehemaligen Fernsehjou­rnalisten diktatoris­chen Führungsst­il und undurchsic­htigen Umgang mit Finanzen vor.

Als Hampel im Januar kurzfristi­g einen Sonderpart­eitag platzen ließ, auf dem über seine Abwahl entschiede­n werden sollte, reichte es der Bundesspit­ze. Sie entmachtet­e den ganzen Landesvors­tand. Hampel scheiterte vor dem AfD-Bundesschi­edsgericht mit dem Versuch, diesen Beschluss per Antrag zu kippen. Der Landesvors­tand habe „aufgrund der fortdauern­den Querelen und Fehlleistu­ngen die Einberufun­g eines Landespart­eitags nicht zustande gebracht“, hieß es in der Begründung des Gerichts, das die Entmachtun­g bestätigte. Dies habe zu einem „verheerend­en Eindruck in der Öffentlich­keit“geführt.

Doch wird der Streit enden, wenn der vom Notvorstan­d organisier­te Parteitag einen neuen Landesvors­tand gewählt hat? „Mein Gott, das habe ich nicht in der Hand“, seufzt Stephan Protschka. Er hofft, dass die Mitglieder eine Vorstandsm­annschaft wählen, die gut zusammenar­beitet und die Partei in Niedersach­sen voranbring­t. Bei den Landtagswa­hlen im Oktober lag die AfD mit 6,2 Prozent der Stimmen weit unter ihrem Ergebnis bei der Bundestags­wahl. „Das liegt an den unklaren Linien, die gefahren wurden“, sagt Protschka. Sein Ziel für Niedersach­sen: „Ein zweistelli­ges Ergebnis bei der nächsten Bundestags­wahl.“

Armin Paul Hampel aber will so schnell nicht aufgeben. Seine erneute Kandidatur für den Landesvors­itz hat er bereits angekündig­t. Ebenfalls antreten wollen Jörn König und die Vorsitzend­e der niedersäch­sischen Landtagsfr­aktion, Dana Guth. Die HampelGegn­erin hat seit dem Einzug der AfD in den Landtag an Profil gewonnen.

„Hampel ist im Landesverb­and zunehmend isoliert, er hat viele Verbündete verloren“, sagt Florian Finkbeiner vom Göttinger Institut für Demokratie­forschung. Für eine Beruhigung müsse zunächst die Machtfrage zwischen der Landtagsfr­aktion und den Mitglieder­n des bisherigen Landesvors­tands geklärt werden. Denkbar sei dies etwa, wenn Dana Guth Landesvors­itzende werde.

Finkbeiner verweist auf unterschie­dliche Erfahrunge­n in anderen Bundesländ­ern. So sei es in Rheinland-Pfalz dem Landes- und Fraktionsv­orsitzende­n Uwe Junge gelungen, den Landesverb­and zu einen. In Sachsen-Anhalt dagegen änderte sich an den Dauerquere­len nichts, als der seit 2014 amtierende Landesvors­itzenden André Poggenburg 2016 auch Chef der Landtagsfr­aktion wurde. Dort blieb die AfD, was sie derzeit auch in Niedersach­sen ist: „ein gäriger Haufen“, wie der Bundesvors­itzende Alexander Gauland seine Partei einmal nannte.

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DPA-BILD: NIETFELD Der AfD-Abgeordnet­e Stephan Protschka in seinem Büro in Berlin: Der Niederbaye­r soll für die zerstritte­ne niedersäch­sische AfD einen Parteitag organisier­en.

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