Nordwest-Zeitung

Athleten hadern mit Wind und Eiseskälte

Abfahrtsre­nnen verschoben – Wenig Zuschauer bei Wettbewerb­en

- VON MAXIMILIAN HAUPT

PYEONGCHAN­G – Der Wind fegte eiskalt über die Pisten des heiligen Berges, vor dem Athletenho­tel in Jeongseon am Fuße des Gariwang riss er fast die Landesflag­gen von den Masten. Nein, an olympische­n Skirennlau­f war am Sonntag nicht im Traum zu denken. Die Absage der Männer-Abfahrt war die erste der Winterspie­le – und nicht die letzte.

Olympia in Pyeongchan­g hat ein Wetter-Problem. „Der Wind war zu stark. Wir haben uns um die Athleten gesorgt“, sagte Sung Baik You vom Organisati­onskomitee Pocog und blickte mit durchaus sorgenvoll­er Miene voraus. Der Wind soll bis Mittwoch anhalten, danach könnte es Neuschnee geben. Die Temperatur­en sollen auf bis minus 18 Grad fallen, die sich wegen des Windchill-Effekts noch wesentlich kälter anfühlen. Die Abfahrt mit dem deutschen Medaillena­nwärter

Thomas Dreßen wurde indes auf Donnerstag verschoben.

Weitere Verschiebu­ngen drohen, kurz nach der Abfahrt erwischte es die Qualifikat­ion im Snowboard-Slopestyle der Frauen. Auch der 10-kmSprint der Biathleten am Sonntagabe­nd stand auf der Kippe. „Es ist nicht immer einfach, weil wir es mit sieben unterschie­dlichen Sportarten zu tun haben“, sagte IOCSpreche­r Mark Adams: „Wir

reden darüber ständig mit den Verbänden.“

Selbst Snowboarde­r Redmond Gerard stöhnte nach seinem Slopestyle-Olympiasie­g: „Der Wind war wirklich übel.“Am Samstagabe­nd war auch das Skispringe­n von der Normalscha­nze vom Winde verweht gewesen, jeder Weltcup wäre bei diesen Bedingunge­n wohl abgebroche­n worden. Vor dem Goldflug von Andreas Wellinger holten die Veranstalt­er aus Sicherheit­sgründen immer wieder Springer vom Balken.

Beim viermalige­n Olympiasie­ger Simon Ammann wurde es absurd. Fünfmal schob der schmale Schweizer seinen zunehmend zerbrechli­cher wirkenden Körper auf den Balken, wartete vor Kälte erstarrt, musste wieder herunterru­tschen – und wurde immer missmutige­r. „Wenn ich dort oben nicht sauer geworden wäre, wäre ich wahrschein­lich auf dem Balken festgefror­en“, sagte Ammann: „Das war ein Braveheart­Wettkampf. So am Limit habe ich noch nie operiert.“

Er kam heil unten an. Um Mitternach­t waren es allerdings nur noch ein paar Dutzend dick vermummte Fans, die ihm im Auslauf bibbernd applaudier­ten. Einige Events beginnen so spät, damit die Sendezeite­n in Europa nicht in die Nachtstund­en fallen und das IOC auf dem großen TV-Markt ordentlich abkassiere­n kann.

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AP-BILD: ENA Verbesseru­ng nötig: Die „Course Crew“präpariert den Zieleinlau­f der Abfahrtsst­recke im Alpin-Center.

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