Abdankung sollte Unheil fernhalten
Vor 100 Jahre endete Monarchie in Oldenburg – Demokratisch verfasster Freistaat entstand
Vor 100 Jahren, am 11. November 1918, dankte Großherzog Friedrich August ab. Er war der letzte Großherzog in Oldenburg. Der anschließende Verfassungswechsel verlief reibungslos.
OLDENBURG – Im Jahr 1918 endete der verheerende Erste Weltkrieg. In Verbindung mit dem Kriegsende steht die Novemberrevolution, in deren Folge der Kaiser ins Exil in die Niederlande ging und die Bundesfürsten in den einzelnen Ländern abdanken mussten, so auch in Oldenburg.
Das Herzogtum Oldenburg, Herzstück des gleichnamigen Großherzogtums, zu dem noch die Fürstentümer Lübeck und Birkenfeld gehörten, lag in unmittelbarer Nachbarschaft der Flottenstation Wilhelmshaven. Hier hatte die Revolution Ende Oktober mit ersten Befehlsverweigerungen unter den Matrosen der kaiserlichen Flotte ihren Ausgang genommen.
Sie wollten nicht zu einem von der Marineleitung geplanten letzten aussichtslosen Kampf gegen die Royal Navy auslaufen und ihr Leben sinnlos aufs Spiel setzen. Hieraus entwickelte sich innerhalb weniger Tage ein Flächenbrand. Die Abdankung des Kaisers wurde am 9. November verkündet, am selben Tag wurde die Republik ausgerufen.
Auch der oldenburgische Staat wurde infolge der Revolution zur Republik. Großherzog Friedrich August eröffnete am 5. November den Landtag im Oldenburger Schlosssaal und machte dabei Vorschläge zu einer stärkeren Beteiligung des Parlaments. Diese gingen den Abgeordneten aber nicht weit genug.
Der Großherzog war dann aber anscheinend bereit, den Wünschen des Landtags nach mehr Mitbestimmung nachzugeben. Sein vorsitzender Minister Ruhstrat trat hingegen
am 6. November zurück.
Am 7. November bildete sich in Oldenburg ein Soldatenrat. Am 8. November kamen drei Matrosen aus Wilhelmshaven zum Großherzog und forderten, auf dem Schloss und auf dem Elisabeth-Anna-Palais die rote Fahne, das Symbol der Soldatenräte, aufziehen zu lassen. Dem stimmte der Großherzog zu. Er unterhielt sich mit den Soldaten und hörte sich deren Klagen an, was bei diesen gut ankam. Die Fahne auf dem Palais wurde später auf Veranlassung des Oldenburger Soldatenrats wieder eingeholt.
Am 10. November erklärte Bernhard Kuhnt, Vorsitzender des 21er-Rates des Wilhelmshavener Arbeiter- und Soldatenrats, den Großherzog von Oldenburg für abgesetzt. Der Landtagsabgeordnete Hug hat diese Ereignisse in Wilhelmshaven erlebt und forderte am Folgetag in Oldenburg die Abdankung des Großherzogs. Dessen Minister Scheer legte dem Großherzog
daraufhin nahe, diesen Schritt zu tun, über den er mit ihm bereits am Vortag gesprochen hatte. Großherzog Friedrich August dankte am 11. November 1918 ab, „um Unheil von den oldenburgischen Landen fernzuhalten“, und verzichtete auch im Namen seiner nachfolgeberechtigten Angehörigen auf den Thron. Er ersuchte das Staatsministerium, die Regierung weiterzuführen, und forderte die Beamten auf, weiterzuarbeiten.
Oldenburg wurde zum demokratisch verfassten Freistaat, an dessen Spitze ein neunköpfiges Direktorium stand, dem die beiden ehemals großherzoglichen Minister Scheer und Graepel angehörten. Als der Vorsitzende des 21er-Rats aus Wilhelmshaven Kuhnt nach Oldenburg kam, um den Regierungswechsel durchzusetzen, war die neue Regierungsbildung bereits im Gange. Er wurde Mitglied des Direktoriums und vom Landtag als Präsident bestätigt und auf diese Weise eingebunden. Die vom 21er-Rat zuvor in Wilhelmshaven-Rüstringen ins Leben gerufene sozialistische Republik Oldenburg-Ostfriesland, zu deren Präsident Kuhnt gewählt worden war,
bestand nur auf dem Papier.
Der Oldenburgische Landtag blieb bis zur Wahl einer verfassunggebenden Landesversammlung im Folgejahr 1919 bestehen; ein einzigartiger
Vorgang innerhalb der deutschen Bundesstaaten. Der Verfassungswechsel ging in Oldenburg sehr reibungslos vonstatten.
Es ist auffallend, dass Kaiser und Bundesfürsten innerhalb weniger Tage abdankten und die Monarchie in Deutschland wie ein Kartenhaus in sich zusammenfiel, ohne dass die Monarchen größeren Widerstand geleistet hätten. Im Deutschen Kaiserreich von 1871 hatten die Bundesfürsten ohnehin immer weniger politischen Einfluss gehabt.
Der Kaiser selbst verlor im Verlauf des Ersten Weltkrieges zunehmend an Autorität. Die Gelegenheit, die Zeichen der Zeit zu erkennen und die Monarchie rechtzeitig in eine parlamentarische Monarchie umzuwandeln, hatten Kaiser und Fürsten verpasst. So brach das monarchische System in der sich abzeichnenden Niederlage zusammen.