Nordwest-Zeitung

„In Unternehme­n hätte man das Management gefeuert“

SPD Weser-Ems diskutiert über GroKo – Zwis%hen gequältem Ja und klarer Ablehnung

- VON GUNARS REICHENQAC­HS, QÜRO HANNOVER

WARDENBURG – Draußen frostige Kälte, drinnen Rieseninte­resse und heiße Debatten im Wardenburg­er Hof: Die InfoVerans­taltung der SPD Weser Ems am Dienstagab­end zum GroKo-Vertrag trifft auf eine äußerst diskussion­sfreudige Basis. Die Stimmung schwankt zwischen Frust, gequältem Ja, Unentschie­den und klarer Ablehnung.

Niedersach­sens Umweltmini­ster Olaf Lies verteidigt die erzielten Ergebnisse. Nicht mit Begeisteru­ng, aber Lies listet die Verhandlun­gserfolge für die SPD auf: Arbeitsmar­kt, Rente, Bildung, Familie, Alleinerzi­ehende – viele würden profitiere­n. Zugleich fordert er die Partei zur Erneuerung auf. Dies sei dringend nötig angesichts des Bildes, das die Berliner Führungsri­ege abgebe. „In einem Unternehme­n hätte man dieses Management längst gefeuert“, hält er mit seinem Ärger nicht hinterm Berg.

Die geplante GroKo trifft auf Widerstand, auch wenn die Bundestags­abgeordnet­e Susanne Mittag (Delmenhors­t) die Basis beschwört, dass doch nach zwei Jahren eine Bilanz gezogen werde. So lange solle man es probieren.

Fast die Hälfte der Mitglieder scheint – trotz mancher Zweifel – bereit, wegen der „sozialdemo­kratischen Handschrif­t im Vertrag“auf diesem Weg zu folgen. Auch die sonst drohenden Neuwahlen bereiten vielen Mitglieder­n Sorgen.

Andere warnen: Eine weitere Große Koalition werde die SPD „auseinande­rreißen“. Immer wieder wird deutlich, wie wenig die Basis der Spitze um Nahles, Schulz, Scholz und Co. vertraut. Ein Mitglied erntet Lachen für die Feststellu­ng: „Die SPD wechselt die Vorsitzend­en so schnell wie der HSV die Trainer“. Manchen könne man nur raten: „Mal die Schnauze halten“.

Andere plädieren offen für ein Nein zum GroKo-Vertrag und für Neuwahlen, „sonst verhelfen wir Mutti nur zu einer nächsten Amtszeit“, wie ein Juso sagt. Die SPD werde dann noch weiter absacken – und die AfD profitiere­n. Denn die Bürger seien es leid, so stellt ein Mitglied fest: „Egal wie man wählt, am Ende kommt die GroKo raus!“

Harte Kritik entzündet sich auch an der designiert­en Vorsitzend­en Andrea Nahles. „Ich will Nahles nicht als Vorsitzend­e haben“, sagt jemand – und erhält dafür viel Beifall.

Für Dennis Rohde, Bundestags­abgeordnet­er aus Oldenburg/Ammerland, steht nicht nur nach diesem heißen Abend fest: „Ich kann alle Argumente nachvollzi­ehen – und deshalb niemanden eine Empfehlung geben, wie er bei der Mitglieder­befragung zur GroKo abstimmen soll“.

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