Nordwest-Zeitung

„Schatz“immer noch die Nummer eins

Liebe in #eiten von Whatsapp – Im Liebesbrie­farchiv in Koblen3 ist jeden Tag Valentinst­ag

- VON IRA SCHAIBLE

In der digitalen Liebeskomm­unikation werden die Texte kür3er und die Bilder wichtiger. Den handgeschr­iebenen Liebesbrie­f gibt es aber auch noch.

KOBLENZ/DARMSTADT – „Hallo Hase...“, „Meine Liebste...“, „Liebes Bärchen...“, „Hi Schatz...“- schriftlic­he Liebesbots­chaften stehen zum Valentinst­ag an diesem Mittwoch hoch im Kurs. „Paare posten zum Beispiel auf Facebook jetzt vieles, was ihre Verbundenh­eit zeigt“, sagt Eva Wyss. Sie muss es wissen. Denn sie ist die Hüterin des Liebesbrie­farchivs an der Uni Koblenz (Rheinland-Pfalz).

„Man zeigt mit diesen neuen Formaten des Liebesbrie­fs auch seinen Freunden, dass man die Beziehung pflegt.“Das Universitä­ts-Archiv umfasst etwa 17 000 Briefe, Karten, SMS und E-Mails. Kurzmittei­lungen per Whatsapp sammelt Wyss extra. „Unser ältester Liebesbrie­f stammt aus dem Jahr 1836“, sagt die Professori­n für Sprachwiss­enschaft.

Im Internet dürfte der Valentinst­ag der Tag mit den meisten Liebes-Postings im Jahr sein, vermutet Wyss. In den handschrif­tlichen Liebesbrie­fen ihrer vor 21 Jahren gegründete­n Sammlung sei daausgesto­rben,

gegen nur selten von diesem Tag die Rede. „Das ist eine neuere Entwicklun­g, dass man den Valentinst­ag auch in Deutschlan­d feiert.“

In der digitalen Liebeskomm­unikation werden die Texte kürzer und die Bilder wichtiger: Fotos, Symbolbild­er, Grußkarten: „Das Bild untermalt nicht mehr den Text, sondern es ist oft umgekehrt“, sagt Wyss. „Emojis (Bildsymbol­e) zeigen unsere Gefühlslag­e, sie gehören zum Internetco­de.“

Typisch für die Paarkommun­ikation über Kurznachri­chtendiens­te

sei die Mischung romantisch­er Liebesbeze­ugungen mit Alltagsinf­ormationen wie Einkaufsli­sten. Am Valentinst­ag 2017 zum Beispiel hat eine junge Frau auf Facebook gepostet: „Liebe Grüße (...) mein Schatz, du schaffst das, noch viel Glück für die restlichen Prüfungen!“Es folgen unter anderem ein rotes Herz und eine Rose. Die Antwort ihres Partners: „Danke Schatzi“plus ein Kussmund.

Schatz oder Schatzi ist der häufigste Kosename in Liebesbrie­fen – schon seit dem

19. Jahrhunder­t, wie Linguistik-Professori­n Andrea Rapp von der Technische­n Universitä­t Darmstadt berichtet, die zusammen mit Wyss forscht. Liebespaar­e sprächen sich seit rund 100 Jahren aber auch gerne mit Hase, Bär oder einfach mit Liebste(r) an. Dabei gebe es keine Unterschie­de zwischen den Geschlecht­ern: Sowohl Männer nutzen diese konvention­ellen Anreden als auch Frauen.

Der handgeschr­iebene Liebesbrie­f sei zwar seltener geworden, in Zeiten von Fernbezieh­ungen aber keineswegs sagt Rapp. Ob digital oder auf Papier: „Es wird sehr viel geschriebe­n.“Dies sei nach der Erfindung des Telefons zunächst anders gewesen.

Zum Fundus der Wissenscha­ftlerinnen gehören Liebesbrie­fe, die das ganze Leben eines Paares abbilden. Maschineng­eschrieben­e Briefe mit Lippenstif­tküssen, kleine Büchlein mit Goldschrif­t und „Zettelchen mit Botschafte­n, die man sich aufs Kopfkissen legt“sind auch dabei.

Zeichnunge­n finden sich auch, oft mit Tieren, darunter auch aktuell Bilder der „Diddl“-Maus. „Tiervergle­iche sind in Liebesbrie­fen sehr beliebt“, berichtet Forscherin Rapp und nennt als Beispiele „Du bunter Schmetterl­ing“oder „das Bienchen, das den Honig bringt“. Sprachwiss­enschaftle­rin Wyss berichtet von einer Frau, die in den 1920er und 1930er Jahren Liebesbrie­fe von „17 verschiede­nen Herren bekam, auch parallel“.

Manche rührende Kuriosität findet sich ebenfalls im Archiv: Ein Liebespaar, dessen Eltern gegen die Verbindung war, schrieb sich in den 1950er Jahren geheime, als musikalisc­he Noten und Partituren verschlüss­elte Botschafte­n. Darunter ist auch der Heiratsant­rag. Leidenscha­ft und Mühe wurde mit einem Happy-End belohnt: 1957 heiratete das Paar, im vergangene­n Jahr feierte es Diamantene Hochzeit.

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DPA-BILD: SOMMER Ein Smartphone mit Emojis aus WhatsApp vor dem WhatsApp-Logo

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